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27.01.2016

Großer Bruder

Landesmuseum von Christ & Gantenbein in Zürich


Drei Jahre lang war die Baustelle um den Erweiterungsbau des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich von einem hohen Bauzaun umgeben. Nur kleine runde Gucklöcher ließen erahnen, dass dahinter Großes entsteht. Nun ist der Blick endlich frei und mancher Züricher muss sich vielleicht erst noch an den neuen gezackten Riesen von Christ & Gantenbein (Basel) gewöhnen. Die Architekten haben das altehrwürdige Museum um einen Anbau ergänzt, der gerade in seiner Gegensätzlichkeit erstaunlich gut mit dem Bestand harmoniert und ihm dadurch eine neue, zeitgemäße Präsenz im Stadtraum verleiht.

Den Wettbewerb für die Sanierung des Museums und die Erweiterung hatten Emanuel Christ und Christoph Gantenbein 2002 gewonnen. Zwischen 2006 und 2009 erfolgte die Sanierung des zum Bahnhof gelegenen Flügels, 2012 begann man mit dem aus Platzmangel schon lange fälligen Anbau. Doch wie erweitert man einen Museumsbau, der einer mittelalterlichen Schlossanlage gleicht und verschiedene Architekturstile vereint, mit der notwendigen Präsenz, ohne diesen zu sehr zu dominieren? Das 1889 vom einflussreichen Schweizer Architekten Gustav Gull erbaute Schweizerische Landesmuseum, ein feingliedriger Bau, der Elemente der Spätgotik und der Frührenaissance vereint, wirkte in den letzten Jahren ein wenig aus der Zeit gefallen. Christ & Gantenbein entschieden sich für eine mutige und radikale Geste, die sich gegenüber dem Altbau zu behaupten vermag und diesen dennoch integriert und ins 21. Jahrhundert mitnimmt: „Das Neue ist also ohne das Alte nicht denkbar, und dennoch ist das Neue unverkennbar von heute.“

Ausschlaggebend für die Grundrissgestaltung waren die vorhandenen Wege und der Baumbestand der historischen Parkanlage. Der neue Gebäudetrakt von Christ & Gantenbein schließt den U-förmigen Bestandsbau und ermöglicht damit einen Rundgang durch Alt- und Neubau. Zentrales Element ist eine Art Brücke, die den Freibereich mit Wasserbecken überspannt und so den Innenhof mit dem angrenzenden Platzspitzpark verbindet. Gulls ursprünglicher Idee, der Öffnung des Museums in Richtung Park, wird damit weiter Rechnung getragen. Im Inneren entstanden durch die Brücke eine monumentale Treppe, die in das große Ausstellungsgeschoss führt, und eine Tribüne für das Auditorium.

Auf Tageslicht wird weitestgehend verzichtet, kleine runde Fenster lassen aber immer wieder Blicke nach draußen zu und inszenieren auf diese Weise das alte Gebäude. Mit Sichtbetonwänden und sichtbaren Technikelementen an den Decken vermittelten die Räume eine moderne und industrielle Atmosphäre, die im Kontrast zu den Räumen des Bestands steht. Während des Rundgangs wird dieser Gegensatz bewusst inszeniert. Für die Fassade hingegen wählten die Architekten einen eigens entwickelten Tuff-Beton, der Farbigkeit und Materialität der Tuffsteinfassade des Altbaus aufgreift. 

Im Zuge von Sanierung und Erweiterung wurde der Haupteingang bahnhofseitig an die Stelle zwischen altem Museumstrakt und dem Flügel an der Limmat verlegt und Foyer, Garderobe und Museumsshop neu organisiert. Ein Restaurant mit Bar wird zudem den neuen Museumsplatz nutzen. Wie das Museum im Betrieb funktioniert, wird sich noch zeigen müssen. Die offizielle Eröffnung des Neubaus ist im Juli 2016 geplant, bis dahin sollen auch die Freiflächen, für die Vogt Landschaftsarchitekten (Zürich/Berlin) verantwortlich sind, fertiggestellt sein. Bis das komplette Museum wieder zur Verfügung steht, wird es allerdings noch ein wenig länger dauern, denn zwischen 2017 und 2020 werden als abschließende und vorerst letzte Maßnahme auch der historische Westflügel und der Turm renoviert werden. (ks)

Fotos: Roman Keller


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