RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Kulturzentrum_in_Chile_eroeffnet_1511523.html

07.02.2011

Kunst statt Unterdrückung

Kulturzentrum in Chile eröffnet


Als im Jahr 2006 ein Feuer das Diego Portales-Gebäude in der Innenstadt von Santiago de Chile zerstörte, wurde kaum eine Träne vergossen. Das quasi fensterlose Gebäude, ein langgestreckter Block entlang der Hauptverkehrsstraße Alameda, war zwar noch 1972 unter Salvador Allende errichtet worden, genutzt wurde es jedoch nach dem Putsch 1973 vor allem von Institutionen des Pinochet-Regimes.

Auch nach dem Ende des Regimes, als das Gebäude als Konferenzzentrum genutzt wurde, blieb es für die Anwohner vor allem ein Symbol der düsteren Diktatur. „Es war ein dunkler, trostloser Schandfleck, von dem ich jahrelang annahm, es sei ein besonders hässliches Parkhaus“, schreibt der Blog Cachando Chile.

Ende 2010 ist es nun, gerade vier Jahre nach dem verheerenden Feuer, nach Entwürfen von Cristian Fernandez Arquitectos und Lateral Arquitectura umgebaut und wieder eröffnet worden. Über die schwierige Geschichte des Gebäudes schreiben die Architekten: „Dies war eine außergewöhnliche Gelegenheit, ein Geschenk wenn man so will, etwas zu ändern, was einst eine historische Last war. Wir glauben, dieses Gebäude sollte nicht aus kurzsichtigen politischen Gründen oder aus dem atavistischen Glauben, durch Abriss von vorne anfangen zu können, verloren gehen.“

Die Architekten hatten mit ihrem Entwurf einen Wettebewerb gegen 55 andere Büros gewinnen können, von denen einige den Abriss vorgeschlagen hatten. Fernandez und Lateral entwickelten ihre Gestaltung aus einer genauen Analyse des bestehenden Gebäudes, das sie als „riesiges Gebäude mit monumentalen Proportionen und einer horizontalen Strukturierung“ beschreiben, das „auf den Bürgersteig direkt an die Straße gequetscht wurde.“ Der Umbau sollte das massive Volumen vor allem für die Gemeinschaft öffnen, erstens durch offene Räume unter einer durchlaufenden Dachterrasse, zweitens durch möglichst viele soziale, kommunale und kulturelle Einrichtungen im Inneren. Offenheit und Transparenz wurden die Leitlinien des Entwurfs. Die Säle für Musik-, Tanz- und Theatervorführungen werden als Boxen oder Container, die aus der Fassade treten, sichtbar.

Die räumliche Organisation bezieht sich auf die drei Hauptkerne: ein Dokumentationszentrum über Kunst und Musik, eine Probebühne und den großen Vorführungssaal für 2.000 Zuschauer. Alle drei Kerne sind im Untergeschoss verbunden, auf der Straßenebene jedoch durch offene Räume getrennt. Die fünf prägenden Materialien leiten sich ebenfalls aus dem bestehenden Gebäude ab: Stahl und Sichtbeton für die Hauptkonstruktion, Glas und Holz vor allem für die Innenräume und ein spezielles Stahl-Lochblech für die Fassade. Letzteres soll durch die Patina eine „deutlich sichtbare Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ schaffen.

Die Wiedereröffnung des Gebäudes zum 200. Jahrestag der nationalen Unabhängigkeit wurde in Chile begeistert als „Umwidmung eines Symbols der militärischen Unterdrückung zu einem Gebäude für die Künste“ gefeiert.


Auf Karte zeigen:
Google Maps


Kommentare:
Kommentar (1) lesen / Meldung kommentieren


Alle Meldungen

<

08.02.2011

Suche nach städtischen Leitbildern

Podiumsdiskussion in Wien

07.02.2011

Schnecke im Musiksaal

Konzerthaus in Ungarn fertig

>
BauNetzwoche
Barcelonas Peripherie
BauNetz Wissen
Spielen auf dem Dach
baunetz interior|design
Das Hotelexperiment
baunetz CAMPUS
Modellprojekt ZENZI
Baunetz Architekt*innen
Franz&Sue