Als Präzedenzfall bezeichnen Clancy Moore architects (Dublin) ihre Kläranlage im ostirischen Arklow – zu Recht. Es ist das erste Abwasserprojekt des Landes, bei dem Architekt*innen in die Planung eingebunden wurden. Die 139 Millionen Euro teure Anlage funktioniert nicht nur technisch, sondern überzeugt auch gestalterisch und gesellschaftlich. Der Guardian nannte sie bereits, im durchweg positiven Sinne, eine Cathedral of Crap.
Arklow, rund 13.500 Einwohner*innen, liegt an der Mündung des River Avoca in die Irische See. Was idyllisch klingt, war infrastrukturell lange Zeit ein Desaster: Die Stadt verfügte nie über eine funktionierende Abwasserreinigung. Stattdessen landete alles ungefiltert im Fluss oder direkt im Meer. Arklow war dabei kein Einzelfall. Jahrzehntelang wurden in Irland Abwässer ungeklärt in Gewässer eingeleitet, bis der Europäische Gerichtshof einschritt und hohe Strafzahlungen verhängte.
Die ersten Planungen, das Problem zu lösen, reichen bis in die 1980er zurück. Sie scheiterten aber regelmäßig an Standortkonflikten und juristischen Auseinandersetzungen. Erst 2015 brachte ein geladener Wettbewerb des staatlichen Wasserversorgers Uisce Éireann die Wende. Die Hoffnung: Mit sauberem Wasser steigen Lebensqualität und Freizeitwert – baden, surfen, angeln. Und das wirkt sich schließlich auch positiv auf Tourismus und Bevölkerungswachstum aus. Die fehlende Kläranlage hat die Entwicklung der Stadt nämlich blockiert, da ohne eine solche keine weiteren Bauwerke errichtet werden durften.
Den Wettbewerb entschied das kleine Büro Clancy Moore architects für sich. Gebaut wurde auf einem ehemaligen Industriegelände am östlichen Stadtrand, genau zwischen Fluss und Meer – dort, wo bisher das ungeklärte Abwasser ankam. Die Planer*innen wählten dabei eine nahezu vollständig ebenerdige Lösung. Das spart Aushub und macht den Komplex sichtbar. Die Anlage ist skalierbar und kann mit dem Ort wachsen: Bis zu 36.000 Menschen könnten hier künftig ans Abwassernetz gehen. Arklow liegt strategisch günstig für Pendler*innen, Dublin ist nur eine Stunde entfernt.
Der Komplex besteht aus zwei großformatigen Bauten für die Abwasserbehandlung sowie einem kleineren Laborgebäude, das den Eingang markiert. Innen befinden sich die technischen Komponenten von Klärbecken bis zur Steuerzentrale. Außen jedoch überzeugt das Projekt durch gestalterischen Feinsinn: Die Hauptfassaden bestehen aus Faserzement-Wellplatten, sanft mintgrün eingefärbt und um 45 Grad angewinkelt. Die offene, lamellenartige Struktur dient Fledermäusen und Vögeln als Lebensraum.
Das Laborgebäude übernimmt zwar die Farbgebung, setzt sich aber durch glatte Platten und ein Schmetterlingsdach deutlich ab. Die Kosten für die Architektur beliefen sich übrigens nur auf etwa 3 Prozent der gesamten Projektkosten, also etwa 4,2 Millionen Euro. (gk)
Fotos: Johan Dehlin, Noreile Breen, Piera Bedin Camilla Crafa
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Arcseyler | 19.06.2025 18:37 Uhr.de
Ein Kulissenspiel veranstalten, was jegliche Dimensionen sprengt. Gibt es eine schönere Aufgabe.