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20.06.2025

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Labyrinthisches Raster

Einfamilienhaus bei Brüssel von Objekt Architecten


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Ob man dieses Gebäude als Wohnhaus oder eher als Galerie wahrnimmt, kommt ganz auf den Standpunkt an. Passanten sehen lediglich einen eingeschossigen, modernistischen Bungalow. Doch aufmerksame Nachbarn aus dem zersiedelten Meise kurz vor Brüssel werden schon länger ahnen, dass hier mehr drinsteckt als die gewöhnliche Bleibe einer vierköpfigen Familie.

Während der anderthalbjährigen Bauzeit ließ sich aus den umliegenden, höheren Häusern der Grundriss des 45 Grad° House sicher gut erkennen. Objekt Architecten (Aalst) ließen eine kostengünstige Konstruktion aus Hochlochziegeln und zusätzlichen Betonelementen errichten. Entstanden ist ein punktsymmetrisches Muster 13 gleich großer, quadratischer Räume, das wiederum im 45-Grad-Winkel zu den Kanten der Bodenplatte angeordnet wurde. Diese namensgebende Geometrie antworte auf die Wünsche der Bauherrschaft, schreiben die Planer*innen. Diese habe nämlich ein überraschendes Haus gewollt, das auch einen geeigneten Hintergrund für die Präsentation der privaten Kunstsammlung bietet.

So scheint nicht nur die gedeckte Materialpalette – Zementputzfassaden und Kreidefarbe für das rohe Mauerwerk – wie für eine Nutzung als Ausstellungsraum gemacht. Vor allem der schachbrettartige Grundriss legt die Assoziation nahe. Bloße Zirkulationsflächen werden vermieden, erklären die Architekt*innen. Allerdings führt das auch zu einer weitgehend hierarchielosen Struktur, bei der das Wohnzimmer genauso groß ist wie das Schlafzimmer, wie der Lagerraum oder das Bad.

Dass dieses Bad das zentrale Kästchen im Muster einnimmt, macht insofern Sinn, als es am wenigsten Außenraumkontakt beansprucht. Anderseits dürften die unter Umständen geschlossenen Türen des Durchgangsbades die Zirkulation erschweren. Wenn man beispielsweise aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer möchte, hat man folgenden Weg vor sich: zunächst in den anliegenden dreieckigen Zwischenraum, vorbei an Gästebad und Patio, durch Diele, Esszimmer und das nächste Dreieck in die Küche, noch ein weiterer Zwischenraum – und angekommen.

Apropos überraschendes Haus: Die Architekt*innen selbst weisen auf eine besondere Eigenschaft des Gebäudes hin: „Man kann sich buchstäblich darin verlieren.“ Um dennoch ein wenig Orientierung zu geben, liegen die offen ausgeführten, dunklen Holzdecken in den familiären Wohnräumen höher als ihre verputzten Pendants in den intimeren Bereichen. Gleichzeitig konnten durch den Deckensprung Sonnenkollektoren und Gebäudetechnik hinter dem hohen Gesims auf dem Dach versteckt werden.

Äußerlich weist kaum etwas auf die rund 220 Quadratmeter experimentellen Wohnraum hin. Wäre das Haus eine Galerie, würden die dreieckigen Restflächen außen möglicherweise als beliebte Aufenthaltsräume bei Sektempfängen dienen. Da beim Wohnhaus dann aber doch noch zusätzlicher Raum gefragt war, wurden diese Flächen geschlossen und als Innenräume dem Quadratraster zugeschlagen. 

An anderer Stelle zeigen die Architekt*innen hingegen konzeptuellen Witz. Der kleine, mittige Patio bringt nicht nur Tageslicht in den tiefen Grundriss. Indem sie die Rasterstruktur ohne konstruktive Notwendigkeit formal fortsetzen, changiert er tatsächlich zwischen Innen- und Außenraum – eine wohltuende Irritation im Raster. (mh)

Fotos: Ypsilon Business Photography


Zum Thema:

Gut möglich, dass sich die Bauherrschaft bei der Wahl ihrer Architekt*innen gedacht hat: Wir brauchen eine Wundertüte! Denn Objekt Architecten sind gleichermaßen für gänzlich schrullige Projekte wie für geschmackvolle Umbauten bekannt.


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

14

Superman | 24.06.2025 14:38 Uhr

Kritisch

Ich sag es, "Das Haus passt überhaupt nicht zur Umgebung"!
Cool, ja, aber es handelt es sich nicht um Coolism!!

13

Max Putzke | 24.06.2025 14:05 Uhr

45 Grad

Kommentar meines Profs vor 35 Jahren wäre gewesen:
"Dreh das um 45 Grad, dann wird's gut."

12

peter | 24.06.2025 00:22 Uhr

@6 / rätsel

es gibt mindestens zwei bzw. drei eingänge: einen neben der küche, einen direkt in die küche, und einen, den man von innen in bild 14 sieht.

das ganze ding ist ein gutes stück geheimniskrämerei. mit einem anständig gezeichneten grundriss und ebensolchen fotos würde man das haus womöglich verstehen - aber dann wäre auch ein stück des zaubers weg....

11

ulknudel | 23.06.2025 14:35 Uhr

@a_C

In seiner Struktur wohl viel eher Pezo von Ellrichshausen statt Sanaa.

10

a_C | 23.06.2025 13:44 Uhr

Zu formalistisch...

Interessant und mutig, in meinen Augen im Ergebnis dennoch nicht überzeugend.

So ein Ansatz (SANAA lässt grüßen!) funktioniert wohl deutlich besser, wenn mehr Platz für die Idee vorhanden ist und die entstehenden Räume nicht näher an Gefängniszellen als an Wohnräumen sind.

9

ulknudel | 23.06.2025 12:12 Uhr

geilgeilgeil

so geil

8

Bo ist ein kurzer Name | 23.06.2025 08:16 Uhr

hmm...

was kann man sagen?
sehr experimental...schlecht nutzbar...

7

Arcseyler | 22.06.2025 12:41 Uhr

.de

Wie ein Altbau machen sich die zentralen Räume die Deckenhöhe zunutze um kleine Räume zu einem ganzen zusammenzuziehen. Die ganze Introversion hat was altbauliches.

6

Rätsel | 21.06.2025 15:14 Uhr

Grundriss

Eingang: Würde sagen, direkt unter der Küche, oben links.

Bild 18: zentralter Raum, mit Blick zum WC (kleiner Eingang).

Bild 21: ganz unten links, zwischen den beiden Kinderzimmern.

Weg zu den Kinderzimmern:
vom Eingang direkt in den Verteiler, dann in die Zimmer. Zum Wohnzimmer durch das zentrale Bad oder via Küche.

5

Moppelhuhn | 21.06.2025 00:28 Uhr

Wo ist denn ...

... auf dem Grundriß der Eingang? Und die Dusche mit den beiden Waschbecken von Bild 18 finde ich im Grundriß auch nicht wieder, oder bin ich zu blöd?

Aber das Haus an sich wirkt recht vergnüglich ...

4

peter | 20.06.2025 19:04 Uhr

der grundriss...

... ist ja mal kaum zu verstehen. hat eher was von bienenwaben. genial oder wahnsinnig? auf den fotos sieht man, dass es interessante durchblicke zu geben scheint, aber im plan schaffe ich es kaum, badezimmer von wohn- und schlafräumen zu unterscheiden. rätselhaft bleibt mir v.a. der weg vom eingang zu den kinderzimmern. durchs elternschlafzimmer? eimal außenrum durch wohnzimmer und küche?

3

Fritz | 20.06.2025 18:58 Uhr

Super

Coooles Teil und klappt gut - sehr konsequent. Würde ich nehmen!

2

Käthe | 20.06.2025 16:45 Uhr

Geschmackssache

Solange die Bewohner/Bauherren glücklich sind, ist das ja die Hauptsache. Mir persönlich fehlt es deutlich an Materialliebe. Duster und kalt wirkt es. Dabei könnten warme Materialien die besondere Geometrie so schön heimelich in Szene setzen...etwas schade.

1

auch ein | 20.06.2025 15:36 Uhr

architekt

wenn mans jetzt noch um 45° drehen würde wäre es super....

 
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