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01.08.2025

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Göttliches Geplätscher

Domanbau von Peter Haimerl . Architektur in Linz


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Um mit den zahlreichen Kirchenaustritten umzugehen, arbeiten viele Gemeinden daran, ihre ungenutzten Gotteshäuser mit alternativen Nutzungen aufzupäppeln. Dabei werden Gebetssäle neu organisiert, historische Fassaden geöffnet – viele Kirchen sogar gänzlich entwidmet. Im Falle des Linzer Mariendoms glaubt man auch weiterhin an die sakrale Zukunft und wirkte der Profanisierung mit einem Eingangsbau für die Ausstellung des Domschatzes entgegen.

Der neogotische Mariendom wurde 1855 vom Linzer Bischof Franz Joseph Rudiger in Auftrag gegeben. 1924 wurde er geweiht – etwas verfrüht, denn die Fertigstellung des Gebäudes erfolgte erst rund zehn Jahre später. Die Pläne zeichnete Vincenz Statz, der mit über 150 Sakralbauten als einflussreicher Vertreter der Neogotik im Rheinland gilt und Werkmeister der einstigen Bauhütte des Kölner Doms war. Anlässlich des einhundertsten Weihetags vergab die Erzdiözese Linz einen Direktauftrag an Peter Haimerl . Architektur (München) für die Planung des Domcenters. Etwa 3,5 Millionen Euro kostete die Baumaßnahme, einen Großteil davon übernahm die Bischof-Rudiger-Stiftung.

Der pavillonartige Anbau wurde an der Ostseite des Doms platziert, zwischen Querschiff und Ostkapelle. Neben einem neuen Zugang zur Sakristei, dem Startpunkt der bereits bestehenden Ausstellung, nimmt er auf rund 120 Quadratmetern Nutzfläche ein Café mit Sitzbereich sowie einen Buchladen auf – und fungiert somit als eine Art Museumsempfang. Einzelne neue Vitrinen und begehbares Mobiliar ergänzen zudem den Innenraum der bereits 2017 umgestalteten Turmhalle, in dem sich der Domschatz befindet. Für das Ausstellungsdesign sind Studio Clemens Bauder aus Linz verantwortlich.

Von drei Baldachinen sprechen die Architekt*innen, wenn sie das Domcenter beschreiben, und verorten die Form damit sinnfällig im kirchlichen Kontext. Getragen wird die gewölbte Betonstruktur im vorderen Bereich von sechs Zugstäben, während es an der Domaußenwand so wirkt, als würde sie an den Strebepfeilern der Kirche herunterfließen. Tatsächlich berühren sich die denkmalgeschützte Fassade und das neue Dach aber kaum – der Lastabtrag erfolgt schließlich über kaschierte Stützen im Innenraum des Cafés. SI Stefan Leitner aus Übelbach und DI Weilhartner aus Wien planten das Tragwerk.

Nicht nur in Form der Baldachine fanden die Architekt*innen eine überzeugende Herleitung. Vielmehr erinnert das Dach aus doppelten Betonschalen auch an ein gewendetes Kreuzrippengewölbe: auf der Unterseite dreifach gekrümmt, erzeugt es eine weiche Atmosphäre für den Innenraum, während die doppelte Krümmung auf der Oberseite das Niederschlagswasser in den Griff bekommt. Das Ergebnis erinnert fast schon an die Hängemodelle Frei Ottos. (tg)

Fotos: Edward Beierle, Gregor Graf


[Anmerkung der Redaktion: Die Verantwortlichen der Tragwerksplanung wurden ergänzt.]


Zum Thema:

Ungewöhnliche Formen findet man in den Bauten von Peter Haimerl . Architektur häufig – exemplarisch ist natürlich das Wabenhaus in München.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

19

Sonnenblume | 06.08.2025 06:45 Uhr

Beeindruckende Architektur

Ich war schon dort und war beeindruckt! Die Betonbaldachine wirken unwirklich leicht und bieten eine sehr besondere Atmosphäre im Café.

18

Merfyn Felzmann | 05.08.2025 20:03 Uhr

Baugeschichte als Steinbruch der Motive

Das Kreuzgewölbe in eine zeitgenössisches Sprache transformiert- ein gelungenes Beispiel wie Baukultur honoriert und gleichzeitig weitergedacht werden kann.

17

Carina | 05.08.2025 19:20 Uhr

Gelungener Entwurf !!

Verstehe die teilweise negativen Kommentare nicht so ganz, ich finde den neuen Anbau echt ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Kirchen heute umgehen kann, ohne gleich alles zu entweihen oder komplett umzunutzen. Statt einfach nur den Bestand zu bewahren, wird hier etwas Neues hinzugefügt, das funktional ist und trotzdem die Würde des Ortes respektiert. Architektonisch finde ich die Idee mit den Baldachinen spannend; modern, aber mit klarer Referenz an den sakralen Raum. Auch die Im Artikel genannte Referenz zu Frei Otto bzgl. des Daches sehe ich auch; passt gut zur Leichtigkeit, die der Bau trotz Beton ausstrahlt. Für mich ein gelungenes Beispiel, wie Kirche heute offen und einladend sein kann, ohne sich selbst zu verleugnen.

16

Jemima C. D. | 05.08.2025 18:57 Uhr

Ein Meisterwerk

Der neue Anbau von Peter Haimerl ist ein bemerkenswert sensibler und zugleich mutiger Eingriff in das Ensemble des Linzer Mariendoms. Es entsteht ein spannungsvoller Dialog zwischen Alt und Neu, der den Ort aufwertet, ohne ihn zu dominieren.Besonders gelungen ist die multifunktionale Nutzung: Als Museumsempfang, Café und Buchladen schafft der Anbau einen Ort der Begegnung; einen neuen Zugang zum Dom, der Offenheit signalisiert und zum Verweilen einlädt. Damit gelingt es, sakrale Tradition mit zeitgenössischer Öffentlichkeit zu verbinden. Der Dombesuch beginnt nicht mehr nur mit Andacht, sondern mit offener Neugier. Ein starker architektonischer Impuls für die Zukunft religiöser Räume.

15

a_C | 04.08.2025 16:11 Uhr

>> Echt super! <<

Einmal mehr eine sehr kreative und innovative Auseinandersetzung mit einer Bauaufgabe durch das Büro Haimerl. Chapeau.

Was ich mich frage: Wie entwässert das Dache bitte? Im Text steht zwar " während die doppelte Krümmung auf der Oberseite das Niederschlagswasser in den Griff bekommt", aber daraus werde ich nicht schlau. Das Dach ist doch auf seiner Oberseite nicht so gekrümmt, dass keine Vertiefung entsteht, oder? Wie also dann?

14

tortilla | 04.08.2025 15:35 Uhr

Tragwerk (v) erklärt

@Baudichtungslaie
Ich verstehe das Tragwerk so, dass Druckkräfte über die Stützen in der Mitte abgeleitet werden und der Teil zur Bestandsfassade ein Kragarm mit dem höchsten Gewichtsanteil funktioniert. Die "Zugstäbe" an der äußeren Fassade sorgen somit zur Rückhaltung des Kragarms an der Bestandsfassade.
Oder liege ich vielleicht falsch?

13

50667 | 04.08.2025 15:07 Uhr

Der Dom...


.......hätte etwas besseres verdient als diese selbstverliebte Geste der mit viel Aufwand abgestellten Campingstuhlfragmente.

12

solong | 04.08.2025 14:01 Uhr

schweres

leichentuch ... anstelle leichtem baldachin ... mit dem ... mit verlaub "hingewürgten" tragwerk ... und es sind sicher keine zugstützen ... ist das sicher keine reminiszenz an frei otto ... der ja lange mit leichten flächentragwerken forschte ...

11

Türkan Dagli | 04.08.2025 11:02 Uhr

sehr gelungenes Projekt!

Die Idee ist wirklich stark.
Die Kritik ist in dem Fall nicht der Rede wert.

10

auch ein | 04.08.2025 09:06 Uhr

architekt

sieht nett aus und ist für den zweck, die leute da hinzuleiten , sicher gelungen. und wenn sie nur kommen zu fragen "was soll DAS denn".....

aber...
"Nicht nur in Form der Baldachine fanden die Architekt*innen eine überzeugende Herleitung"

das ist das problem: man muss seitenweise rumfloskeln damit "jemand" versteht warum das so aussieht.....

und bitte nicht frei otto missbrauchen: bei ihme hat man die lastabtragung gesehen. und es hat sich ohne blabla erschlossen, WARUM das so aussieht...

9

Baudichtungslaie | 03.08.2025 16:47 Uhr

Tragwerk (v)erklärt!?


Eingedenk der Örtlichkeit, scheint mir ja wohl, es schickte sich,
die Kritik, wo nötig, vorzutragen nicht zu ketzerisch,
doch sei mir schlicht erlaubt die Frage, wo denn sind die "Parallelen",
zu Frei Ottos Lasttrag-Werk, scheint hier doch unter Druck zu stehen,
wo der Text "Zugstäbe" irreführend identifiziert,
was angesichts Ihrer Funktion als Stütze doch leicht irritiert...
umso mehr, als auch am ander´n Ende nur die Logik "hängt",
und stattdessen Stützendes in Raummitte dann gänzlich sprengt
die Vorstellung, dass hier Seillinien den Lasten Wege wiesen...
Mir scheint, wir sollten daher vorsichtiger formulier´n bei diesen
gewölbten Konstruktionen, die so vorgeben, was sie nicht sind.
Das mag man nennen zeitgenössisch,
doch nicht Frei-Otto-Patenkind.

8

hmm | 02.08.2025 23:54 Uhr

Schon ein bisschen

schade, dass die schlanken Strebepfeiler so in die Zange genommen und „besetzt“ werden. Ich kann (4) nicht zustimmen, hier scheinen die potentiellen Kältebrücken bestens eingepackt.
Die Idee ist tatsächlich verkopft, es fehlt der Schwung und die Leichtigkeit, die bestimmt gewünscht war - und das Feingefühl für das filigrane Tragwerk des Bestands, mag der Raum unter der Dachkonstruktion auch beeindruckend sein.

7

Jeder | 02.08.2025 20:35 Uhr

Dom

ist ziemlich verkopft.
Was kann man da machen ? Die Deppen rufen ? Baut alles aus Holz ! Baut nicht ! Baut Windräder ! OmG

6

krysmopompas | 02.08.2025 09:53 Uhr

Baldachin

Gotik mit Hans Sedlmayr als Baldachin-Architektur interpretiert und fürs profane Leben auf auf den Kopf gestellt
Charmante Ikonologie!

5

josef | 01.08.2025 23:36 Uhr

kann man sagen was man will,

aber der einfall, wie hier die lasten abgetragen werden ist schon ziemlich schlau. gerade da, wo man es nicht machen würde instinktiv bei dieser form, und dadurch sehen diese schalen und ihre beine so grazil aus.

"verkopft", wie es unten genannt wird ist es also sicher, aber ist das ein problem? ist doch schön, wenn uns hin und wieder jemand noch anregt.

4

Ziemlich | 01.08.2025 20:42 Uhr

genial

sehr schön und sehr gelungen. Es geht auch ohne riesige Dämmschichten. Es geht einfach nur mit Architektur und einer Idee. Da kann man nur gratulieren.

3

derbaer | 01.08.2025 17:50 Uhr

Kopfsache

Ich habe es in Natura gesehen und war etwas überrascht... Es ist zwar ein skulpturaler Körper, kommt aber ein bisschen kraftlos daher für mich.
Die Bauausführung und die Details sind sehr sauber durchexerziert, ab er es wirkt für mich einfach unglaublich verkopft.

2

kde | 01.08.2025 16:58 Uhr

Seltsam

Bei allem Wohlwollen, Frei Otto sollte man nicht zitieren. Vor allem die Ansicht der beiden Wandbefestigungen in der Mitte ist nicht elegant, sondern etwas hilflos. Da hilft das Glas auch nur wenig. Und warum alles in Weiß getaucht wurde, erschließt sich auch nicht.

1

Erika Mühlthaler | 01.08.2025 15:53 Uhr

Gratulation

Beautiful! Very Beautiful!

 
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