Keine Suppe ohne Maggi – zumindest wenn’s nach Oma geht. Über hundert Jahre produzierte der Schweizer Brühenhersteller seine bekannte Würze in der kleinen Gemeinde Lindau. Die baulichen Überbleibsel der Fabrikanlagen werden aktuell zum Gewerbequartier umgenutzt. Marazzi + Paul Architektur (Zürich) steuern den Neubau eines Bürohauses bei, das dem historischen Areal zu einer klaren Mitte verhelfen soll.
1869 gründete Julius Maggi im Ortsteil Kemptthal seine Fabrik mit Produktions- und Lagerhallen aus Backstein und Gusseisen. Lange Zeit wurden hier Rezepte verfeinert und Pülverchen produziert, bis der 1947 eingestiegene Mutterkonzern Nestlé den Maggi-Hauptsitz nach Cham verlegte und das Areal 2002 an den Schweizer Duft- und Aromenhersteller Givaudan verkaufte. Givaudan war vor allem an der ehemaligen Aromenproduktion interessiert. Die übrigen Räume wurden an kleinere Firmen vermietet – die Nähe zu Zürich verlieh dem Standort Beliebtheit. Seit 2018 tritt das Areal mit knapp 43.000 Quadratmetern unter dem Markennamen „The Valley“ auf. Mit diversen Bauvorhaben soll es weiterentwickelt werden.
Ein Masterplan des Büros Ernst Niklaus Fausch Partner, der ebenfalls 2018 präsentiert wurde, sieht Neubauflächen von insgesamt rund 100.000 Quadratmetern vor. Im gleichen Zug planten die Architekt*innen die Aufstockung der ehemaligen Suppenabfüllerei, die nun unter dem Namen „Brick“ die Büroräume von Givaudan aufnimmt. Neben vielen kleineren Start-ups finden sich hier inzwischen Fabrikräume des Lebensmittelproduzenten planted und ein Showroom des Oldtimer-Händlers Motorworld. Die Projektwebsite spricht von rund 150 Firmen, die derzeit Räume anmieten.
Im Sinne des im Masterplan formulierten, ganzheitlichen Konzepts wählten Marazzi + Paul den architektonischen Leitgedanken „kurze Wege, klare Zugänge, gut lesbare Adressen“. Für die Inhabergesellschaft MA Kemptthal Besitz planten sie rund 7.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche. Der Immobilienentwickler hatte den von Givaudan nicht benötigten Teil des Maggi-Areals erworben. Einen Großteil der Fläche bezieht das Unternehmen Motorworld, das selbst an der MA Kemptthal Besitz beteiligt ist. Vorgesehen sind unter anderem Oldtimer-Showrooms. Auf sieben Geschossen kommen ansonsten Büros und Labore unter. Die Ausstattung sei bewusst pragmatisch gehalten, um den jeweiligen Firmen Freiheit in der Einrichtung zu geben. Die Baukosten sind mit umgerechnet etwa 24,6 Millionen Euro angegeben.
Gestalterisch fällt der Neubau am neuen Quartiersplatz vor allem durch sein repetitives Fassadenraster auf. Der Entwurf, schreiben die Architekt*innen, solle sich dem historischen Bestand gegenüber „zurücknehmen, gleichzeitig aber auch Selbstbewusstsein ausstrahlen“. Sie betonen die kleinteilige Gestaltung der Lisenen und die Andeutung eines Sockels, der an die horizontale Gliederung der Fabrikhäuser erinnern soll. Konstruktiv besteht das Haus – ebenso wie seine vorgefertigten Fassadenteile – aus Stahlbeton.
Der Skelettbau wird durch einen großzügigen Erschließungs- und Sanitärkern ausgesteift und bleibt im sonstigen Innenraum stützenfrei. Einen Blickfang bildet das exponierte Treppenhaus, das zu einem späteren Zeitpunkt auch der Erschließung des zentralen Parkhauses dienen könnte. Jene voraussichtlich letzte Baumaßnahme auf dem ehemaligen Maggi-Areal ist momentan noch in Planung. (tg)
Fotos: Regine Giesecke
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Das | 27.10.2025 17:38 Uhrist
ein Neubau?