Weder die Straße Schinkelkade noch das Viertel Schinkelbuurt oder der Park Schinkeleilanden im Südwesten von Amsterdam wurden nach dem bekannten preußischen Architekten Karl Friedrich benannt. Sie tragen vielmehr den Namen eines einst beschaulichen Flüssleins, das im Zuge der westlichen Stadterweiterungen schon im frühen 20. Jahrhundert begradigt wurde. Von einem natürlichen Fluss ist heute nichts mehr zu sehen – die Schinkel ist ein schnurgerade verlaufender, sauber ausbetonierter Kanal.
Unmittelbar an seinem Ufer steht seit 1962 ein ebenfalls sauber betoniertes Bürohaus im klaren Stil der frühen Nachkriegsmoderne, entworfen von Arthur Staal (1907–1993). Es wurde nun grundlegend saniert und um zwei Etagen erweitert. Geplant haben dieses Projekt Office Winhov (Amsterdam), die bereits 2024 am Amsterdamer Frederiksplein die Sanierung und Erweiterung eines Bürogebäudes von Staal fertiggestellten. Das Büro besitzt also inzwischen eine solide Staal-Expertise.
So sei die Kombination aus einem horizontalen Sockel und einem vertikal aufragenden Turm ein wiederkehrendes Thema in Staals Architektur, schreiben Office Winhov. Nach Jahrzehnten der intensiven Nutzung sei das Gebäude am Schinkel dringend sanierungsbedürftig gewesen. Während die robusten Betonelemente werden nach einer Reinigung weitergenutzt werden, wurde die große, transparente Eingangshalle von Einbauten befreit und ihr Originalzustand wiederhergestellt. Zudem ergänzten die Architekt*innen ein Vordach, das Staal zwar entworfen hatte, das aber nie gebaut worden war. Auch die leicht überarbeitete Fassade des Sockels betont dessen Horizontalität stärker als zuvor.
Im Gegensatz zu den originalgetreu belassenen Fassaden am Turm wurden Oberflächen und Ausstattung in seinem Inneren fast vollständig erneuert. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Haustechnik in die vorgegebenen Geschosshöhen zu integrieren. Die beiden Etagen, die auf Baukörper aufgesetzt wurden, führen dessen Rhythmus fort, allerdings mit „zeitgenössischen Materialien und Proportionen“, wie die Architekt*innen formulieren. Sie bieten höhere Räume und deutlich größere Panoramafenster, die zuerst das von Staal gegebene Raster vollständig ausfüllen und dann im obersten Geschoss sogar zwei Fassadenachsen zu einem nahezu quadratischen Großfenster zusammenfassen.
Office Winhov verstehen dieses Projekt als Statement: Auch die oft ungeliebten Gebäude der Nachkriegsmoderne sind ökologisch, ökonomisch und ästhetisch gewinnbringend nachnutzbar. Dazu passt, dass das Gelände am Ufer durch die Landschaftsarchitekten von Deltavormgroep (Utrecht) neu gestaltet wurde und nun den Beginn eines Spazierwegs in Richtung Amsterdamse Bos markiert. Daher darf man optimistisch sein, dass im Erdgeschoss vielleicht bald ein Café einziehen wird, wie es sich die Architekt*innen vorstellen. (fh)
Fotos: Tom de Kort, Stefan Müller
Zum Thema:
Wer mehr über Arthur Staal wissen möchte, dem sei der Beitrag von Marcel Lok in der auf der Webseite von Office Winhov publizierten Reihe „Local Heroes“ empfohlen. Er kann wie alle anderen Beiträge – u. a. zu Renée Gailhoustet, Jean Renaudie, Peter Celsing oder Heinz Bienefeld – kostenfrei als PDF heruntergeladen werden.
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Mr. Riös | 24.10.2025 07:19 UhrGottseidank
hat sich das Fassadenraster durch 2 Teilen lassen und dann auf allen Gebäudeseiten eine ungerade Anzahl an Feldern für das oberste Geschoss ergeben!
Sehr gut alles!