RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Buecherei_in_Franken_von_Schlicht_Lamprecht_Architekten_7460983.html

06.11.2020

Vielfache Verschachtelung

Bücherei in Franken von Schlicht Lamprecht Architekten


Wenn die Architektur eines Gebäudes auch zum Logo seiner Institution wird, dann ist sie wohl gelungen. Bekanntes Beispiel ist die Philharmonie in Berlin, deren Entwurf von Hans Scharoun mit drei in sich verdrehten Fünfecken zu einer steten Chiffre des Konzerthauses wurde. Im Logo der Bibliothek im fränkischen Gundelsheim spiegelt sich auch das Konzept ihrer Entwerfer Schlicht Lamprecht Architekten wider: ein Haus im Haus.

So unmaßstäblich der Vergleich zwischen der Hauptstadt Berlin mit 3,6 Millionen Einwohnern und der Gemeinde mit 3.600 Einwohnern wirken mag, er zeigt in diesem Fall, dass interessante Architektur auch abseits der großen Ballungszentren entstehen kann. Das war auch der Anspruch der Gemeinde Gundelsheim, die für ihre neue Bibliothek in einem historischen Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert einen geladenen Ideen-und Realisierungswettbewerb auslobte. Mit Schlicht Lamprecht Architekten aus Schweinfurt konnte sich schließlich ein jüngeres Büro aus der Region für den Bau der Bibliothek verantworten.

Mit ihrem Haus-im-Haus-Konzept versuchten die Architekten den Typus eines örtlichen Bauernhofes mit Wohnhaus, Stall und Scheune in eine zeitgenössische Nutzung und Gestaltung zu überführen. Den Bestand – ein giebelständiges Wohnhaus mit hintangefügter Stallung – verwebten die Architekt*innen mit einem Neubau, der in seiner Kubatur und rauen Holzfassade einer örtlichen Scheune entspricht, nun aber zweifach als Doppelgiebelbau ausgeführt wurde. Dieser integriert den bestehenden Stall, verschluckt ihn quasi, und formt mit dem Wohnhaus einen Vorplatz, der die körnige, städtebauliche Struktur aufgreift.

Innen wird die Verschachtelung fortgeführt: Der einstige Stall umschließt jetzt einen Lesesaal. Die preußische Kappendecke haben die Architekt*innen erhalten und teilweise geöffnet, um die konstruktive Verwebung von Alt- und Neubau auch gestalterisch auszuspielen. Die Raumstruktur des Wohnhauses wurde aufgelöst. Hier wurde die Kinderbuchabteilung in Form eines kleinen Hauses eingefügt. Die Stahlrahmenkonstruktion wirkt auch als aussteifender Kern. 

Schlicht Lamprecht Architekten formulieren mit ihrem Projekt eine fränkische Spielart der vernikulären Architektur: Terrazzoboden und geschlämmte Wände erinnern an die einfache Ausstattung historischer Bauernhäuser, gebürstete Fichtenholzoberflächen an traditionelles Mobiliar. Die Fassade aus naturbelassenen, thermisch behandelten Holzlammellen ruft die einfache Holzbauweise der Region wach. Durchgehend und im changierenden Rhythmus legten Schlicht Lamprecht die vorvergrauten Lamellen um den Neubau und unterstreichen damit seine hochgiebelige Form. Und gleichsam verdecken sie das Dach aus Edelstahl wie auch die darunter liegende komplexe Haustechnik. (sj)

Fotos: Stefan Meyer


Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
BauNetz-Maps


Kommentare:
Kommentare (7) lesen / Meldung kommentieren

Der nach hinten gerückte Neubau führt die Körnung des städtebaulichen Umfelds fort.

Der nach hinten gerückte Neubau führt die Körnung des städtebaulichen Umfelds fort.

Eine Scheune als Doppelgiebelanlage umgibt nun den alten Stall des Bauernhofes und fügt sich dem bestehenden Wohnhaus an.

Eine Scheune als Doppelgiebelanlage umgibt nun den alten Stall des Bauernhofes und fügt sich dem bestehenden Wohnhaus an.

Die Kinderbuchabteilung ist ein Haus im Haus.

Die Kinderbuchabteilung ist ein Haus im Haus.

Die neue Scheune mit Blick auf den Eingang, rechts ist der alte Stall.

Die neue Scheune mit Blick auf den Eingang, rechts ist der alte Stall.

Bildergalerie ansehen: 20 Bilder

Alle Meldungen

<

09.11.2020

Bundesrat beschließt HOAI-Novelle

Reaktionen von Kammern und Verbänden

06.11.2020

Buchtipp: Denkmal als Zukunftsversprechen

TXL Berlin Tegel Airport

>
baunetz CAMPUS
Architekturträume
BauNetz Wissen
Strandgut in der Decke
baunetz interior|design
Schön schlicht
Baunetz Architekt*innen
AllesWirdGut
BauNetzwoche
Mobiles Land
vgwort