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01.01.1998

Architektur und Ökologie. Zeitgenössische bioklimatische Bauten

Bücher im Baunetz


Architektur zwischen Natur und Technologie
„Die ganze Welt empfindet heute Unbehagen angesichts der globalen Umweltkrise ...“ Der japanische Architekt Tadao Ando erinnert uns im Vorwort dieses Buches daran, daß das gesamte Ökosystem aus dem Gleichgewicht geraten ist, weil wir mehr Substanzen und Energie in die Umwelt absetzen, als unsere Erde abbauen kann. Es sei höchste Zeit , mahnt er an, unser Bewußtsein zu ändern und uns auf die Solarenergie zu konzentrieren sowie Wege und Mittel zu finden, um die Ressourcen von Wind und Wasser zu nutzen.

Eine umweltfreundliche bauliche Lösung bietet die ökologische Architektur, mit deren Theorie und Praxis sich das vorliegende Buch befaßt. Der Autor David Lloyd Jones, Leiter des Studio E. Architects in London, hat selbst zahlreiche preisgekrönte energiesparende Gebäude entworfen. Aus dieser Erfahrung analysiert und synthetisiert er die Ursprünge einer „grünen, umweltschonenden Architektur“ und erläutert ihre historische Entstehung, ihre Entwurfsprinzipien und zukünftigen Perspektiven. Als „bioklimatische Architektur“ bezeichnet er die Entwurfsmethode, die behagliche Räume für Menschen schafft, Gebäude die im Einklang mit ihrer direkten Umwelt und der Natur stehen.

Vierundvierzig bioklimatische Bauten weltweit
Auch für ökologische, umweltgerechte Architektur gilt allgemein: An einem Beispiel lassen sich Prinzipien anschaulicher erklären und leichter verstehen. Jones hat 44 vorbildliche, unlängst fertiggestellte Gebäude ausgesucht, deren gemeinsames Merkmal „eine positive und anregende Antwort auf die lokale Umgebung und das globale Wohlergehen“ ist - Bauten, die jeweils auf einer klaren Umweltagenda aufbauen und die stilistische Vielfalt der ökologischen Architektur belegen.

Es sind zum einen Großprojekte, wie die Zentrale von Tokyo Gas Co. Ltd. in Yokohama (Architekt: Nikken Sekkei, Yokohama), die das Energieengagement des Unternehmens demonstriert, oder Wohnbauten, wie das Palmetto Haus in Miami / Florida (Architekt: Jersey Devil, Miami), das durch seine natürliche Durchlüftung auch im heißen Sommer auf künstliche Kühlung verzichten kann. Beispiele für Campus-Anlagen wie das Jugendhaus Windberg der Katholischen Bildungsstätte (Architekt: Thomas Herzog, München) führen vor, wie die wichtigen Räume zwischen den Bauten berücksichtigt werden können. Die Sämerei und das Zentrum für Forstwirtschaft in Marche-en-Famenne, Belgien (Architekten: Samyn & Partners, Marche-en-Famenne), gleicht einem gläsernen Iglu mit Holzgerüst und veranschaulicht, wie die Bauaufgabe Pavillon oftmals innovative Architekturlösungen generiert.

Den bioklimatischen Maßstab auf Metropolen-Ebene veranschaulicht Jones unter anderem anhand des Helicon in London (Architekt. Sheppard Robson, London), und das neue Stadttor in Düsseldorf (Architekten: Petzinka, Pink & Partner, Düsseldorf) zeigt er als Musterobjekt einer flexiblen, energieschonenden Architektur.

Checkliste für ökologische Architektur
Jones erläutert zu jedem Beispiel die Besonderheiten der jeweiligen Rahmenbedingungen, der Absichten der Architekten und der gebauten Lösungen. Bilder, Pläne und Skizzen werden durch Angaben zu den ökologischen Eigenschaften der Gebäude ergänzt. Der Autor listet vier Kategorien von Kennwerten auf: energetische Faktoren, HKL-Systeme, Energiewerte sowie Umwelt- bzw. gesundheitliche Faktoren.

Während „klassische Gebäudeangaben“ wie Namen, Bauherr / Eigentümer, Nutzer, Standort, Architekt, Baujahr, Flächen, Kosten und Klimazone vollständig sind, fällt auf, daß bei den Umwelt- bzw. gesundheitlichen Faktoren oftmals die Angaben fehlen: beispielsweise zum Konzept für die Auswahl von Materialien und Komponenten zur Reduktion von gebundener und Transportenergie, zum Einsatz von wiederverwertbaren Materialien, besonderen Installationen zum Wassersparen, oder zu Maßnahmen zur Förderung der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. Unter der Überschrift „energetische Faktoren“ faßt Jones die Überlegungen zusammen, die als Teil des Energiekonzepts in der Architektur ihren gestalterischen Ausdruck finden, beispielsweise die Ausrichtung der Hauptfassade, Wärmeleitung der Gebäudehülle, Nutzung der wärmespeichernden Baumasse oder Sonnenschutzsysteme.

Perspektiven für das neue Jahrtausend
Das Buch ist von einem Praktiker geschrieben - Jones entläßt den Leser nicht nur mit Ermahnungen und guten Wünschen. Im letzten Kapitel zeigt er anhand von drei Entwürfen, wie eine zukunftsfähige Architektur für Mensch und Umwelt in verschiedenen charakteristischen Kontexten aussehen könnte. „Die Wildnis“ symbolisiert das Projekt eines Refugium für die tibetanisch-buddhistische Samye Ling-Gemeinschaft auf der kleinen Insel Holy Islands vor der Südwestküste Schottlands (Architekten: Andrew Wright Associates, London).

Die Bebauung zielt darauf ab, die Eingriffe in das bestehende Umfeld möglichst gering zu halten: Die Unterkünfte sind alle seitlich in den Südhang eingegraben, und das begrünte Dach folgt den Hügeln des Standorts. Die Solarbüros im Doxford International Business Park bei Sunderland im Norden Englands (Architekten: Studio E. Architects, London) stehen stellvertretend für den Kontext „Vorstadt“, bzw. Gewerbepark. Als zukunftsweisendes Projekt für „Die Stadt“ steht die Fortbildungsakademie des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen, von HHS Planer + Architekten, Kassel, in Zusammenarbeit mit Jourda & Perraudin entworfen. Eine präzise gesteuerte natürliche Belüftung, Luftbefeuchtungsanlagen, Sonnenschutzpaneele und eine entsprechende Bepflanzung sorgen das ganze Jahr über für ein gemäßigtes Mikroklima im Inneren der 13.000 Quadratmeter großen Gebäudehülle.

Wer sollte dieses Buch lesen?
Eigentlich alle Architekten und Planer - Praktiker, Lehrende, Studierende -, die Gebäude für die Zukunft entwerfen. Wer mit der hierzulande geführten Diskussion über die Belange energiesparender, ökologischer und passiver Architektur vertraut ist, findet in diesem Buch interessante Erklärungen zu bereits bekannten oder neuen Begriffen, geschichtliche und ästhetische Erläuterungen und Perspektiven sowie bislang unveröffentlichte Architekturprojekte. Wer sich anhand der Lektüre mit dem Thema vertraut machen will, wird in den einführenden Kapiteln die praxisbezogenen Hinweise zur ökologischen Architektur schätzen und die energetischen Checklisten der Beispiele vielleicht auch für seine eigenen Entwurfslösungen anwenden wollen.

Nicht zuletzt stellt das Buch eine wertvolle internationale Referenzliste dar - mit neuen Projekten und anerkannten Architekturbüros, die sich auf diesem Gebiet bereits einen Namen gemacht haben. Und vielleicht sind Sie in der nächsten Ausgabe auch mit einem zukunftsweisenden Projekt aus Ihrer Büropraxis vertreten?
(Melita Tuschinski)

Zukunftsfähige Architektur für Mensch und Umwelt - ein praxisbezogener Blick auf Geschichte, Prinzipien und gebaute Beispiele
David Lloyd Jones
Mit einer Einführung von Tadao Ando. Aus dem Englischen von Joanna Zajac-Wernicke.
Gebunden mit Schutzumschlag, 256 Seiten mit 320 farbigen Abbildungen
Deutsche Verlags-Anstalt DVA, Stuttgart 1998
ISBN: 3-421-03155-X


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