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10.02.2015

Aldo Rossi. Wissensschaftliche Selbstbiografie

Bücher im BauNetz


Dieses Buch ist nicht neu. Die italienische Erstausgabe erschien 1982 in dem kleinen Verlag Il libro azzurro, ein Jahr zuvor war „A Scientific Autobiography“ als Erstveröffentlichung bei The MIT Press in Cambridge erschienen. Aldo Rossi (1931–97) hatte mit seinen Aufzeichnungen Anfang der 1970er Jahre begonnen und versucht, sie schnell zu einem Ende zu bringen, „damit daraus keine Memoiren werden“.

1985, wenige Jahre nach der Erstveröffentlichung also, sollte der Architekt und Theoretiker als Direktor die Architekturbiennale in Venedig leiten; 1990 erhält der Mailänder schließlich als erster Italiener den Pritzker-Preis. Durch seine Lehrtätigkeit an der ETH Zürich von 1966–71 hatte Aldo Rossi bereits eine Generation von Architekten geprägt.

Nun ist Rossis „Wissenschaftliche Selbstbiografie“ nach der 1988 erschienenen deutschen Erstausgabe wieder erhältlich. Ein rosafarbener Vor- und Nachsatz fängt das steingraue Hardcover auf und bricht die Strenge. Neben einer grafischen wie inhaltlichen Überarbeitung enthält die vor wenigen Wochen erschienene deutsche Neuausgabe außerdem ein weiteres Bonbon: unveröffentlichte Skizzen und Zeichnungen, die von der Fondazione Aldo Rossi zur Verfügung gestellt wurden.

„Von einem bestimmten Punkt des Lebens an habe ich den Beruf oder die Kunst als eine Beschreibung von Dingen und unserer selbst angesehen“, beginnt Rossi seine „Wissenschaftliche Selbstbiografie“. „Aus diesem Grunde habe ich stets Dantes Commedia bewundert, die er etwa um sein dreißigstes Jahr zu schreiben beginnt. Mit dreißig Jahren sollte man etwas Endgültiges anfangen, mit dem man seinen eigenen Bildungsgang klärt. Alle meine Zeichnungen oder Schriften schienen mir in einem doppelten Sinne endgültig: Sie schlossen meine Erfahrungen ab; darüber hinaus hatte ich nichts Weiteres zu sagen.“

Vorausgegangen waren Rossis Selbstbiografie, mit der er sich neben Dantes Commedia auch auf die wissenschaftliche Selbstbiografie von Max Planck bezieht, verschiedene Traktate und wichtige Fragmente seines Werks. 1973 formulierte Rossi im Rahmen der 15. Mailänder Triennale den für ihn wesentlichen Begriff der Architettura Razionale. Mit seinen Überlegungen zur modernen Architektur kritisierte er 1966 in seiner Publikation „L'architettura della città“ (Die Architektur der Stadt) die Avantgarde mit ihrer Forderung „form follows function“. Laut Rossi sollte der Städtebau mit einem historisch-kritischen Blick die überkommenen Stadtstrukturen weiterentwickeln.

„Jeder Sommer ist mir als der letzte erschienen; und dieses Motiv des Endgültigen mag viele meiner Entwürfe erklären. Um jedoch die Architektur zu begreifen, muss ich die Dinge und die Empfindungen wiederholen, sie beschreiben oder doch nach einer Möglichkeit ihrer Beschreibbarkeit suchen.“ Aldo Rossis „Wissenschaftliche Selbstbiografie“ liest sich wie ein Tagebuch. Der Autor reflektiert seine Gedanken und erinnert sich an verschiedene Orte, Personen oder Entwürfe, die Momente seines Lebens charakterisiert haben. Neben seiner Idee der Analogie oder den Erwartungen der Architektur, seinem „ambivalenten Verhältnis zur modernen Architektur“ oder der Liebe zu Adolf Loos und Mies van der Rohe erzählt er über seine Entdeckungen, über seine Zweifel, seine Suche und seine Veränderung. Aldo Rossi weiß: „Die Identität ist etwas Einzigartiges und Typisches, sie bedeutet aber auch eine Entscheidung.“ Wie eingangs bereits erwähnt: Dieses Buch ist nicht neu. Es könnte kaum aktueller sein. (jk)

Aldo Rossi
Wissenschaftliche Selbstbiografie
Mit einem Vorwort von Johannes Gachnang
Aus dem Italienischen von Heinrich Helfenstein
Neuausgabe, Park Books, 2015
Gebunden, 192 Seiten
29 Euro


Zum Thema:

www.park-books.com


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Der grosse Friedhof in Modena, 1983, Feder und Filzstift auf Papier, 21 × 15 cm

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Ohne Titel, 1972, Collage und Filzstift auf Papier, 17 × 19 cm

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