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13.03.2012

Raum über Zeit

Bücher im BauNetz


Von der Erweiterung des Städel in Frankfurt durch Schneider + Schumacher haben wir vielstimmig und ins beste Licht gerückt vernommen. Drei Jahre sind seit dem gewonnenen Wettbewerb vergangen, zweieinhalb seit dem ersten Spatenstich. Visualisierungen haben schon vor der Eröffnung Ende Februar 2012 das Vorstellungsvermögen für die neuen unterirdischen Räume und den Übergang zwischen Alt- und Neubau angeheizt.

Was nach jedem Bauprozess jedoch rasch in Vergessenheit gerät, sind dessen Zwischenschritte, sind die nackten Baugruben, die bizarren Bewehrungsstahlwälder, die bunten Kabelstränge. Dieser Blick hinter die Kulissen ist nach der Vollendung eines Bauwerks nicht mehr möglich. Und reine Baustellendokumentationen verschwinden häufig in den Schubladen der Büros; sie werden ungern hervorgezogen, wenn es später zu Rechtsstreitigkeiten kommt.
Dass man sich einer Baustelle auch mit ganz anderen Blicken nähern und ihr neben dem Dokumentarischen durch spezielle Ausschnitte oder ungewöhnliche Perspektiven überraschende Facetten entlocken kann, zeigt die Frankfurter Fotografin, Malerin und Filmemacherin Laura J. Padgett in ihrem Fotobuch „Raum über Zeit“. Der Titel ist durchaus poetisch lesbar und – folgt man dem Beitrag von Adrian Giacomelli am Ende des Buchs – unbedingt so gemeint. Die Bilder kommen dennoch zunächst ganz unaufgeregt daher, werden sachlich mit „Deckenabschnitt kurz nach der Betonierung“ und ähnlich benannt. Dann verlieren sie allmählich ihre Nüchternheit und entwickeln eine ruhige, stellenweise fast nachdenkliche Atmosphäre. Letzteres deshalb, weil dem Betrachter recht schnell bewusst wird, dass es sich ausnahmslos um bereits Vergangenes handelt. Die Fotografin wechselt dabei die Herangehensweise. Mal sind die nackten Räume klar erkennbar. Andere Ausschnitte abstrahieren die Situation zu grafischen Mustern. Einige der Motive verschwinden in dunklen Ecken; man fragt sich, ob und wie es hier wohl weitergeht, denkt sich das Bild zu Ende – oder eben nicht. Andere Ausschnitte werden durch einfallende staubige Lichtstreifen oder sich überlagernde Licht- und Schattenspiele verfremdet, und spätestens hier kommt die poetische Note ins Spiel. Dennoch gehören die (analog aufgenommenen) Fotografien zu einer Familie. Sie sind im Auftritt und farblich überwiegend zurückhaltend; Unruhe und Baustellenlärm bleiben ausgeblendet. Gegen Ende des Buchs sind die Räume fast fertig, die Kunst lehnt an den Wänden und wartet auf die endgültige Hängung.

Die festgehaltenen Situationen und Zustände sind alle längst abgelöst vom nächsten Bauabschnitt; spätestens jetzt mit der Fertigstellung ist die Phase des ständigen Werdens und sich Veränderns abgeschlossen. Die Bauschutthaufen sind abgeräumt, die rohen Räume frisch gestrichen. Die Kamera kann nicht mehr durch Spalten und improvisiert abgesperrte Türöffnungen kriechen, andeuten, was dahinter liegt. Die entspannten Arbeiter von Seite 42 sind weiter gezogen, auf die nächste Baustelle, aber das ist eine andere (Foto)Geschichte. (Christina Gräwe)

Raum über Zeit

Laura J. Padgett

Kehrer Heidelberg Berlin 2012
Autor: Adrian Giacomelli
Festeinband, 112 Seiten
deutsch/englisch
30
Euro


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