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03.11.2008

Tempelhof ist für immer zu

Bildband dokumentiert Flughafen


Am 31. Oktober 2008 um 0 Uhr verlor der älteste Pasagierflughafen der Welt, der Zenralflughafen Berlin-Tempelhof, seine Betriebsgenehmigung. Damit ist auf der „Mutter aller Flughäfen“ (Norman Foster) für alle Zeiten kein Flugbetrieb mehr möglich. Die Entscheidung zur (vorzeitigen) Schließung und auch deren angebliche rechtliche Voraussetzung für die Baugenehmigung des neuen Flughafens Berlin Brandenburg International in Berlin-Schönefeld war von Schließungegegnern kritisiert worden, ein entsprechendes Volksbegehren aber an einem zu geringen Quorum gescheitert.

Es sind ja nicht nur ewig gestrige Westberliner Luftbrücken-Nostalgiker, die die Schließung bedauern. Völlig ungeklärt ist nämlich auch die Frage der Nachnutzung: Was passiert mit dem grandiosen und weitenteils leer stehenden Gebäude von Ernst Sagebiel nach dem Ende des Flugbetriebs? Auch das städtebaulich weltweit einmalige Phänomen einer riesigen Freifläche inmitten des Häusermeers einer Millionenmetropole regt die Phantasien an.
Der Berliner Stadtentwicklungssenat lässt zur Zeit einen Offenen zweistufigen städtebaulich-landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb ‚Prozessuale Stadtentwicklung Tempelhofer Feld – Columbiaquartier‘ durchführen (Abgabe: 24. November 2008). Bei den Wettbewerbsvorgaben ist eine Bebauung der Ränder und eine Freihaltung der zentralen Fläche als Minimalkonsens festgehalten.

Zeitgleich zur Flughafenschließung ist ein Bildband des Berliner Architekten und Fotografen  Maximilian Meisse erschienen: „Tempelhof“ ist der schlichte Titel des Buches, das nichts anderes als eben jenes Flughafengebäude in den Mittelpunkt rückt. Hier gibt es einerseits die allseits bekannten Postkarten-Ansichten des im Grundriss viertelkreisförmigen Bauwerks, das außen, zur Stadtseite, den monumentalen Anspruch der Blut- und Boden-Architektur formuliert und doch nach innen, zur Flugfeldseite, ein bestürzend modernes, auskragendes Stahltragwerk zeigt, unter dem die Flugzeuge wie Spielzeuge abgestellt sind.

Aber Meisses Bilder zeigen noch viel mehr: Innenansichten von Räumen, die niemals fertig gebaut wurden, sind ebenso zu sehen wie die Gummibaum-Gemütlichkeit, die von vergangenen Nutzungen, etwa durch die Amerikaner, zurückgeblieben ist. Selbst die makaber-fröhliche Zecherfolklore, die die Nazis an die Wände des flughafeneigenen Luftschutzbunkers gepinselt haben, wird uns nicht vorenthalten. Lediglich die zehnstöckigen Kellerverliese und die Geheim-U-Bahn zum Regierungsviertel sehen wir nicht: Diese Dinge entstammen einer urbanen Mund-zu-Mund-Mythologie und haben niemals existiert.

Das Buch kommt zur rechten Zeit; es zeigt die grandiosen Seiten dieses drittgrößten zusammenhängenden Gebäudes der Welt ebenso wie – gänzlich ungerührt – dessen strunzbanalen Aspekte. (Kleiner Schönheitsfehler, dass zumindest in unserem Rezensionsexemplar manche Fotos im Druck etwas flau wirken.) Fest steht: So, wie es ist, wird das Gebäude nicht bleiben; allen Beschwörungen des Denkmalstatus zum Trotze. Meisse gebührt das Verdienst, den Ist-Zustand unter Flugbetrieb ein letztes Mal akribisch dokumentiert zu haben.  (-tze)



Maximilian Meisse: Tempelhof. Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen/Berlin, 2008. 120 Seiten mit 60 farbigen Abbildungen, 24 x 27 cm. Hardcover mit Schutzumschlag, 29,80 Euro. ISBN: 978-3803006974



Zum Thema:

Zur Wettbewerbsauslobung unter stadtentwicklung.berlin.de


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