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02.02.2017

Technisch klar und gediegen

Foster + Partners in St. Moritz


Kaum zu glauben, aber mitten im luxuriösen St. Moritz gab es bis vor Kurzem eine kleine, unscheinbare und mit dunklen Planen verhüllte Ruine mit glamouröser Vergangenheit. Dem sogenannte Eispavillon aus dem Jahr 1905 kam bei den Olympischen Winterspielen 1928 und 1948 eine wichtige Rolle zu – nicht nur als Standort der Schlittschuhläufer, sondern auch als gesellschaftlicher Hotspot. Foster + Partners aus London nahmen sich des Gebäudes an und haben es für die Bedürfnisse des heutigen, hochpreisigen Tourismus im Engadin hergerichtet. Aus dem Eispavillon wurde nun der Kulm Country Club, zugehörig zum 5-Sterne-Hotel Kulm.

Der ursprüngliche Eispavillon war ein relativ kleines Gebäude neben einer offenen Eisbahn, zweigeschossig, verspielt und regional gedacht in der Form, mit viel Holz, Naturstein und dekorativen Verzierungen. Den bestehenden Altbau sanierten und ergänzten die Londoner Architekten in Zusammenarbeit mit dem lokalen Büro Küchel Architects in klarer Anlehnung an die historische Formensprache. Auf der oberen Ebene wird nun auf höchstem Niveau gespeist – Dresscode: smart casual. Gediegen und edel wird hier die Geschichte des Orts in Szene gesetzt. In der unteren Ebene wird es einen Laden und alle notwendigen Räume und Einrichtungen für die Eisbahn geben.

Architektonisch interessanter als diese inszenatorischen Fingerspiele für die gehobene Klientel sind die beiden Tribünen, die Foster + Partners neben den Altbau gesetzt haben. Die Architekten bezeichnen die Tribünen als Pavillons und betonen damit die multifunktionale Nutzbarkeit der Struktur. Eine der beiden Tribünen schließt direkt an den Altbau an, die andere steht etwas abseits und um 90 Grad gedreht, so dass die winterliche Natureisbahn beziehungsweise der sommerliche Rasen räumlich gefasst werden. Nicht nur Sportereignisse, sondern auch Konzerte und andere kulturelle Aktivitäten können auf den Tribünen stattfinden – so sollen die Anlage zu einem echten Anziehungspunkt in St. Moritz werden.

Spannend ist vor allem die Konstruktion der Überdachung. Eine elegante, schirmartige und spitz zulaufende Holzstruktur trägt das mit Kupfer verkleidete Dach. An dessen Unterseite und an der Rückwand wurde mit horizontalen Latten gearbeitet, die zur Straße hin Transparenz gewähren. Die hochwertige handwerkliche Ausführung und die gediegene und zugleich technisch klare Konstruktionsweise entsprechen dem Schweizer Anspruch an zeitgenössische Architektur, sind aber auch als Anschluss an regionale Bautraditionen lesbar. Auf jeden Fall passt sich der neue Eispavillon weitaus besser in die vorhandene Bebauung ein, als das platt gedrückte Ei des Apartmenthauses Chesa Futura, das Foster 2004 in St. Moritz errichtete und das als Fremdkörper auch nach über zehn Jahren noch immer nicht wirklich im Ort angekommen ist. (gh)

Fotos: Nigel Young


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