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24.01.2002

Willst du Monotonie vermeiden...

Ein Kommentar zum Jakob-Kaiser-Haus in Berlin


Am 23. Januar 2002 wurde ein bauliches Gebilde eingeweiht, das wahlweise als „größter Verwaltungsbau der Bundesrepublik Deutschland“ oder zumindest als „größter Bau des Bundestages in Berlin“ bezeichnet wurde: das so genannte Jakob-Kaiser-Haus in Berlin-Mitte, im Planerjargon auch Dorotheenblöcke oder - nach dem früheren DDR-Straßennamen - Zetkinblöcke genannt.

Wichtig ist dabei der Plural: „Blöcke“. Es ist nicht ein Haus, sondern ein Stadtquartier entstanden. Ein Stadtquartier, dessen gestalterisches Leitmotiv in der „Vielfalt“ bestehen solle, wie die beteiligten Architekten nicht müde werden zu betonen. Deswegen waren es auch fünf Büros, die sich den Auftrag brüderlich geteilt haben und den Kuchen in acht neue „Häuser“ (und ein altes Palais) aufgeteilt haben. Die Stadtquartier-Rhetorik wird bis auf die Details herunter konsequent verfolgt; so werden noch die Verbindungsflure zwischen einzelnen Bürofluchten als „Stadtfugen“ bezeichnet.

Was will man damit erreichen? Kleinteiligkeit um jeden Preis. Es galt unbedingt die vermeintliche Monotonie der einheitlichen Großform zu vermeiden; man wollte den steuerzahlenden Bürger nicht mit Größe erschlagen. Ein Schelm, dem einer der berühmten Aphorismen des Architekten Luigi Snozzi dazu einfällt: „Willst du Monotonie vermeiden, dann wiederhole dein Element“. Es scheint, als sei dies Stephan Braunfels mit den benachbarten, einheitlichen Alsenblöcken besser gelungen - das Vermeiden der Monotonie.

Denn trotz aller fast manieriert wirkenden Unterschiedlichkeit der Fassaden und Materialien bleiben die Blöcke des Jakob-Kaiser-Hauses seltsam austauschbar. Eine Zuordnung zu der bekannten Formensprache der Architekturbüros ist ohne einen erläuternden Lageplan so gut wie unmöglich. Ob Busman/Haberer oder Schweger, ob v. Gerkan oder Pi de Bruin - das ist - mit Verlaub - hier fast egal (der Fünfte im Bunde, Thomas van den Valentyn, hat keinen Neubaublock, sondern lediglich das alte Reichstagspräsidenten-Palais bearbeitet). Alles ist edel und gekonnt entworfen und ausgeführt - was man bei solchen hochkarätigen Büros auch erwarten kann. Aber mehr ist nicht erreicht worden - zu wenig, um hier wirklich von „großer Architektur“ zu sprechen.

Die einbezogenen Altbauten leisten leider auch nicht allzu viel zur Bereicherung. Zumindest die beiden direkt ein- und umbauten Gebäude „Kammer der Technik“ und „Dorotheenstr. 105“ wurden viel zu brutal überformt - zum einen wörtlich durch oben aufgesetzte, neue Geschosse - zum anderen im übertragenen Sinne durch ein viel zu gelecktes Finish ihrer Oberflächen, Fenster, Türen, Profile und Schmuckelemente. Alles wirkt neu (was sehr vieles auch ist) und steril (auch wenn es materialiter alt sein mag). Fast könnte man ketzerisch sagen: Die beiden hätte man auch noch abreißen können - wo man doch zwei große, gut erhaltene Altbauten zum Reichstag hin damals abgerissen hatte, obwohl sie an dieser stadtgeschichtlich so wichtigen Stelle dem Krieg und vor allem dem DDR-Grenzregime getrotzt hatten.
Von diesem Geburtsfehler hat sich das Projekt Dorotheenblöcke offenbar nie so recht erholt. Schade.

Benedikt Hotze

Nebenstehendes Luftfoto: Bundesbaugesellschaft Berlin / Reinhard Görner. Der Blick in einen haushohen Innenflur in Haus 1 (Schweger) ist als Zoom-Bild hinterlegt (Foto: Bundesbaugesellschaft Berlin / Roland Halbe).

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie in der BauNetz-Datenbank unter dem Stichwort "Jakob-Kaiser-Haus".


Zu den Baunetz Architekt*innen:

SAA SCHWEGER ARCHITEKTEN
VAN DEN VALENTYN ARCHITEKTUR


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