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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Air_Force_Memorial_in_Washington_eingeweiht_-_mit_Kommentar_25312.html

16.10.2006

Themenpark-Kitsch

Air Force Memorial in Washington eingeweiht - mit Kommentar


Neben dem Arlington National Cemetery in Washington wurde am 14. Oktober 2006 das neue Denkmal der Luftwaffe eingeweiht. Es ist das sichtbarste Denkmal der Waffengattungen im Großraum Washington, gut zu sehen sowohl von der Interstate 395 als auch vom Kennedy-Center. Die drei Edelstahl-Arme des 30 Millionen US-Dollar teuren Denkmals wurden von dem New Yorker Architekten James Ingo Freed entworfen und symbolisieren das „Bomb Burst“-Präzisionsflug-Manöver.

Auf einem Hügel neben dem Navy-Annex Building hat Freed drei ungleich lange Metallspitzen aufstellen lassen, deren höchste 90 Meter hoch ist. Sie sind innen mit Beton gefüllt. Eine kleine Plaza mit Gras und Bäumen bietet Blicke auf das Pentagon. In einem einfachen kleinen kastenförnmigen Gebäude sind WCs und Büros untergebracht, davor steht eine Bronzefigur von vier Piloten, die die amerikanische Fahne halten (Bildhauer: Zenos Frudakis).

Bauherr war eine Stiftung von Air Force-Veteranen unter Leitung von Ross Perot Jr. (!). Freed, der in Essen geboren wurde und als Jude vor den Nazis fliehen musste, hatte zuvor mit dem Holocaust-Museum und dem Ronald-Reagan-Building einige der wichtigsten Neubauten in der amerikanischen Hauptstadt entworfen (siehe BauNetz-Meldung anlässlich seines Todes im Dezember 2005). Freed war Partner von I. M. Pei im Büro Pei Cobb Freed.

Kommentar der Redaktion

Es ist beruhigend festzustellen, dass in den USA, die auf der Ostseite des Atlantiks in den letzten Jahren viel Sympathie verloren haben, ein Entwurf wie der für das Airforce-Memorial mit beißender Kritik überzogen werden kann. Und das nicht in irgendeiner Wald-und-Wiesen-Zeitung aus South Dakota, sondern in der Washington Post, einer der drei großen Zeitungen des Landes. Der Kritiker, Philip Kennicott, schimpft, die „Ehrengarde ist auf fatale Weise zu unmittelbar, schlecht geplant und noch schlechter ausgeführt: Die übergroßen Bronze-Figuren sehen aus wie eine 35-Cent-Plastik-Figur auf einer teuren Hochzeitstorte.“ Ausgerechnet neben den WCs steht eine Granitwand mit den Namen der Ordensempfänger und den „Werten“ der Luftwaffe - für den Kritiker: „B-Minus Texte. Diese Wand und die Bronze gehören abgerissen“.

Auch die Namen der Sponsoren des Denkmals, das Who is Who der amerikanischen Rüstungsindustrie – Firmen wie Lockheed Martin und Boeing – gehören nach Ansicht des Autors gelöscht, „denn sie erinnern uns nur an Eisenhowers Warnungen vor dem militärisch-industriellen Komplex. Die dümmliche Direktheit der Skulpturen von Zenos Frudakis ist ein betäubendes Klischee der militärisch-kapitalistischen Touristenkultur im Stil von Themenpark-Kitsch. Das Militär ist eine Maschine, die tötet und zerstört“.
Angenehm klare Worte in einer Stadt, in der Maya Lins Vietnam Memorial einst neue Maßstäbe einer wirkungsvollen Gedenkkultur mit Understatement gesetzt hatte.

Ulf Meyer


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