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08.08.2025
In seinen Büros will man arbeiten
Zum Tod von Uwe Kiessler
Wer würde nicht in solchen Büros arbeiten wollen, wie sie Uwe Kiessler entworfen hat. Unter Konstruktionen aus Stahl und Glas, die den Arbeitsplatz zu einem hellen, positiven Ort werden lassen? Oder durch Ausstellungshäuser wandeln, deren Innenräume in verheißungsvolles Licht getaucht sind? Am 29. Juli 2025 ist der Architekt dieser Bauten gestorben.
Uwe Kiessler wurde 1937 in Krefeld geboren und studierte 1956–61 Architektur in München. Nur ein Jahr später gründete er mit Manes Schultz 1962 das Büro Kiessler + Partner. 1976 realisierten sie im Münchener Tucherpark, den Sep Ruf konzipiert hatte, einen Bürokomplex für die Bayerische Rück (heute Swiss Re Group). Ihre vier zylindrischen, vollverglasten Türme fassten sie mit umlaufenden, feingliedrigen Stahlbalkonen ein. Für Rischart’s Backhaus fanden sie 1982 einen ganz anderen Weg, das Licht ins Innere zu holen. Sie „kneten, dekorieren und backen in einem gläsernen Zelt“, heißt es noch heute auf der Website des Unternehmens, das nach wie vor die Backstube in einem engen Münchener Hinterhof betreibt.
Auch der Wissenschaftspark in Gelsenkirchen werde bis heute von Kiesslers Architektur inspiriert, wie die Institution in ihrem Nachruf schreibt. Im Zuge der IBA Emscher Park baute das Büro 1995 auf dem Gelände eines ehemaligen Gussstahlwerks eine 300 Meter lange, geneigte Glasfassade, die sich vor einem See erhebt. Sie rahmt nicht nur einen großen kommunikativen Raum, der sich zum Wasser hin öffnen lässt, sondern fungiert auch als Sonnenkollektor. Die Ökomoderne dieser Zeit setzte dieses Prinzip häufig um – Kiesslers Bau ist eine gigantische Version dessen.
Umbau konnte Kiessler ebenfalls, vor allem, wenn es um Kulturbauten ging. So versah er 2001 in Düsseldorf ein aus dem 19. Jahrhundert stammendes Parlamentsgebäude von Julius Raschdorff mit einer Glaskuppel, um es in eine Dependance der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (K21) zu verwandeln. In München stockte er das Literaturhaus auf (1997) und kreierte eine Ausstellungshalle in einem Tunnel. Bei letzterem handelte es sich um einen Restraum am U-Bahnhof Königsplatz, in dem Kiessler einen Kunstraum für das Lenbachhaus schuf (1994). Ab 15. August will die Institution nun die Lichtinstallation von Dan Flavin, die damals Teil der Eröffnungsausstellung war, erneut in Gedenken an Kiessler zeigen.
Auf eine ähnlich schöne Nachricht wartet ein anderes Werk des Architekten. 1990 entwarfen Kiessler + Partner gemeinsam mit dem Team um Otto Steidle das Verlagshaus Gruner + Jahr in Hamburg. Der inzwischen zum Bertelsmann-Konzern gehörende Verlag ist in die Hafencity umgezogen. Der markante, denkmalgeschützte Bürokomplex am Baumwall sucht noch nach neuen Nutzern.
Von 1981 bis 2002 war Kiessler als Professor tätig. 2002 setzte er sich zudem gegen den geplanten Umbau des Münchener Olympiastadions von Günter Behnisch und Frei Otto ein. Er konnte „die konstruktive Unmöglichkeit der Planung“ nachweisen, wie die 2016 gegründete Sep Ruf Gesellschaft schreibt, dessen Vorsitz Kiessler übernahm. In seinem Büro, das inzwischen Kiessler Architekten heißt, war er bereits seit 2014 nicht mehr aktiv tätig. Vor einer Woche ist Uwe Kiessler nach längerer Krankheit gestorben. (mh)
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Uwe Kiessler (1937–2025)

Kunstbau Lenbachhaus in München (1994)

Literaturhaus in München (1997)

Verlagshaus Gruner + Jahr in Hamburg mit Steidle + Partner (1990). Foto: Ankrabru, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
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