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29.07.2021

Das ganze Dorf ein Gästehaus

Wohnkooperative in Songyang von DnA_Design and Architecture


Shangtian ist kaum ein Dorf zu nennen. Eher ein Weiler, eine kleine Gruppe von alten, lehmbraunen Häusern, die sich an einer Straßenkurve aneinander drängen, irgendwo in den Bergen nördlich der Stadt Songyang im Südosten Chinas. Shangtian schaut auf eine über 600 Jahre währende Geschichte zurück. Ob aber noch viele Jahre folgen werden, ist ungewiss: In den letzten Jahrzehnten ist vor allem die junge Generation weggezogen. In dem Leben ihrer Eltern konnten sie keine Zukunft erkennen. Geblieben ist nur eine Handvoll ältere Bewohner*innen, viele Häuser stehen inzwischen leer.

Seit 2013 arbeitet die Verwaltung des Landkreises Songyang gegen diese Stadtflucht an und versucht, in Kooperation mit mehreren Dorfgemeinschaften neue Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Im Dialog mit dem Architekturbüro DnA_Design and Architecture der Pekinger Architektin Xu Tiantian entstand für Shangtian die Idee einer Wohn- und Gästehauskooperative. Die vorhandene, eng ineinander gewachsene Dorfstruktur wird erhalten, jedoch im Inneren mittels Wanddurchbrüchen, Türen und Fenstern neu organisiert. Xu spricht von einer „minimalinvasiven“ architektonischen Strategie. Gut 30 einfache Apartments mit ein oder zwei Betten sind so entstanden, die von der geschrumpften Gemeinschaft als Übernachtungsmöglichkeit für die Verwandten in der Stadt genutzt oder als Ferienwohnungen vermietet werden können.

Das Besondere an dem Projekt ist neben dem behutsamen Umgang mit dem Bestand die ökonomische Konstruktion: Das ganze Dorf bleibt im Besitz der Gemeinschaft, ein möglicher Gewinn wird nicht von außen abgeschöpft, sondern bleibt im Dorf. Die gemeinsame Organisation der Ferien- und Familienunterkünfte wird die Gemeinschaft stärken und vielleicht sogar wieder Jüngere ins Dorf locken. In der Struktur ist die Möglichkeit für ein Restaurant bereits angelegt, auch wenn dessen Trägerschaft noch geklärt werden muss. Vor allem aber gibt es nun fließendes Wasser und eine Kanalisation. Gewonnen hat die Gemeinschaft also in jedem Fall. Ob das nur für die verbleibenden Jahre gilt, bis die letzte Einwohner*in das Dorf verlässt, oder ob mit dem Projekt tatsächlich die Aussaat für eine neue Zukunft verstreut wurde, bleibt abzuwarten. (fh)

Fotos: Ziling Wang



Zum Thema:

Das Architekturbüro DnA_Design and Architecture ist für mehrere Revitalisierungsprojekte im Raum Songyang verantwortlich. Kürzlich wurden das Museum für Poesie, ein Maritimes Museum und das Museum der Seidenproduktion eingeweiht. Weitere Projekte von Xu Tiantian finden sich auch in der BAUNETZWOCHE#510 „Kluge Akupunktur in chinesischen Dörfern“.


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