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20.01.2025
Poly für Pankow
Wohnhausanbau in Berlin von Supertype Group
Experimente sind hierzulande im privaten Wohnungsbau eher selten. Wer möchte schon etwas riskieren, wenn es um das eigene Heim geht? Zum Glück scheint es allerdings Ausnahmen zu geben. Denn in Berlin-Pankow steht seit Kurzem eine Wohnhauserweiterung, die zugleich als Prototyp für eine nachhaltigere Entwicklung zumindest des Eigenheimsektors gelten darf. Das Projekt stammt von einem jungen Kollektiv namens Supertype Group (Berlin). Es ergänzt den Bestand um einen Wohnbereich samt mehrgeschossigem Wintergarten, eine offene Badewanne sowie ein Schlafzimmer. Übergänge zum Altbau gibt es im Erd- sowie im zweiten Obergeschoss.
Zu finden ist das Projekt in einer aufgelockerten gründerzeitlichen Bebauung, wie sie für große Teile des Bezirks typisch ist. Die Durchfahrt zum hinteren Bereich des Grundstücks bot genügend Platz für einen schmalen Anbau. Mit seinem Schrägdach schmiegt sich dieser an den Bestand. Seine leicht irisierende Gewächshaushülle aus Polycarbonatplatten sorgt zugleich aber auch für einen deutlichen Kontrast. Das Resultat lässt an historische Vorbilder des leichten Bauens beispielsweise von Otto Steidle denken. In Form von klassischen Gewächshäusern ist diese Materialität aber auch keineswegs unüblich für solche Wohngegenden – ein Stück weit fügt sich das Volumen also trotzdem ein.
Die Architekt*innen Max Becker, Pia Brückner und Tobias Schrammek verstehen ihre Erweiterung als Experimentalhaus zur Erprobung eines von ihnen entwickelten Baukastensystems. Dieses besteht primär aus einer Holzkonstruktion, die von der Gewächshausfassade geschützt wird. Je nach klimatischem und funktionalem Bedarf können die einzelnen Felder der Konstruktion mit vorgefertigten Paneelen wie thermisch aktivierte Holzbalkendecken, Holzrahmenwänden oder transparenten Innenfassaden ausgebaut werden. In räumlicher Hinsicht präsentieren sie drei Konfigurationen, wobei eine Version mit gedämmten Bereichen im Erd- und im zweiten Obergeschoss schließlich realisiert wurde. Dazwischen spannt sich als thermischer Puffer eine unbeheizte „Gartenzone“ auf. Daher auch der Name des Projekts: Wintergartenhaus.
Wie schon bei den Pionieren der grünen Moderne in den 1980ern und 1990er Jahren prägen ökologische Aspekte nicht nur das Raumkonzept, sondern auch die Konstruktion. Hinsichtlich der Statik wurde diese in Zusammenarbeit mit Wataru Furuya (bls engineer) entwickelt. Es kommen primär nachwachsende, wiederverwendbare oder recyclingfähige Baumaterialien zum Einsatz, die unter Verzicht auf Dichtungsfolien und verklebte Bestandteile gefügt wurden. Alles lässt sich daher zerstörungsfrei austauschen oder demontieren, und das Haus kann in diesem Sinne auch mit wenig Aufwand an neue Bedürfnisse angepasst werden. (sb)
Fotos: Marina Hoppmann, Ruben Beilby, Tobias Schrammeck
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