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05.11.2025

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Genossenschaftlicher Weiler

Wohnanlage in Münster von office03


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Bis 2013 lebten rund 10.000 britische Soldat*innen und ihre Familien im Westen Münsters auf dem Areal der Oxford-Kaserne. Seit deren Abzug wird das weite Gelände in Etappen transformiert, saniert, und neu programmiert. Anfang dieses Jahres konnte nun ein Projekt fertiggestellt werden, das sich nicht nur in die Großmaßstäblichkeit des Quartiers einfügt, sondern ein eigenes kleines Gefüge bildet: W1OXF ist ein Wohnbaukomplex für über 250 Menschen, initiiert von der eigens dafür gegründeten Genossenschaft Grüner Weiler.

Mehr als die Hälfte der 102 Wohnungen ist gefördert. Die Architektur (Leistungsphasen 1 bis 8) stammt von office03 (Köln). Grundlage war ein Entwurf aus der Konzeptvergabe 2020 von der ARGE Birgit Brewe Architekten & Seraina Merz Architektur. Im Rahmen dieses Verfahrens erhielt die Genossenschaft den Zuschlag für das Grundstück; später folgte ein Erbbaurechtsvertrag. Der etwas kryptische Projekttitel W1OXF steht schlicht für „Weiler 1 Oxford“. Der Begriff „Weiler“ ist hier nicht metaphorisch: Die Anlage funktioniert wie ein kleines Dorf.

Auf einer fast trapezförmigen Parzelle bilden drei Baukörper – „Punkt“, „Riegel“ und „Winkel“ – eine geschlossene Figur um einen begrünten Innenhof. Die Unterschiede in Höhe, Volumen und Erschließung sind deutlich lesbar, dennoch wirkt das Ensemble durch ein konsistentes Farb- und Materialkonzept wie aus einem Guss. Der rund 2.000 Quadratmeter große Hof ist nicht bloß Freiraum, sondern Zentrum des sozialen Lebens. Verschiedene Gemeinschaftsräume schließen an ihn an und werden durch Gemüsegärten und Spielflächen ergänzt. Für die Gestaltung zeichnen Sowatorini Landschaft (Bochum, Berlin) verantwortlich.

Die Wohnfläche von gut 8.300 Quadratmetern verteilt sich auf ein breites Programm: klassische 1- bis 5-Zimmer-Wohnungen, Clusterwohnungen mit bis zu elf Einheiten, Atelier- und Ausbauwohnungen, Jokerzimmer, Wohngemeinschaften. Die Durchmischung passiert nicht nur typologisch, sondern auch räumlich: Gemeinschaftsnutzungen und private Bereiche greifen eng ineinander, ohne sich zu überlagern.

Der viergeschossige, mit grünem Trapezblech gedeckte „Punkt“ im Westen setzt die Adresse. Das Erdgeschoss ist deutlich überhöht, farblich betont und ausschließlich gemeinschaftlichen Funktionen vorbehalten. Es umfasst Veranstaltungsräume, einen Jugendraum, verschiedene Werkstätten, einen Waschsalon und das „Kulinarium“, eine professionelle Küche, in der täglich für die Bewohnerschaft gekocht wird. Die Wohnungen darüber werden über offene Laubengänge erschlossen, die sich um den Eingangshof im 1. Obergeschoss legen.

Im südlich abschließenden, weiß gedeckten „Riegel“ sind im Erdgeschoss ein Kieztreff, Co-Working, ein Textilatelier sowie Atelier- und Clusterwohnungen untergebracht. Auch hier führen Laubengänge auf Hofseite zu den darüberliegenden Wohnungen. Im dritten Obergeschoss befindet sich ein kleiner Wellness- und Fitnessbereich mit Dachterrasse nach Osten. Der flachere „Winkel“ im Nordosten schließlich beherbergt die größeren Wohnungen. Erneut finden sich Laubengänge in Richtung Hof. Sie werden von Betonfertigteilen gefasst und öffnen sich an den Wohnungseingängen zu Nischen, die den Bewohner*innen als halbprivater Außenraum zur Verfügung stehen. Im Erdgeschoss wohnen Menschen mit Pflege- und Assistenzbedarf – nah genug am gemeinschaftlichen Geschehen, um nicht isoliert zu sein.

Insgesamt ist ein Ensemble mit rohen Oberflächen und pragmatischen Lösungen entstanden. W1OXF zeigt, dass ein „Weiler“ im 21. Jahrhundert kein nostalgisches Bild bemühen muss, sondern als zeitgenössischer, gemeinschaftsfähiger Stadtbaustein funktionieren kann. (gk) 

Fotos: Viola Epler


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

Polis | 16.11.2025 11:55 Uhr

Wie findet sich die Gemeinschaft ?

Ein Gemeinschaftsprojekt ist fantastisch.
Wie funktioniert das ?
Wurden hier Eigentumsanteile angeboten/veräußert ?
Wie funktioniert das Konzept, wenn Menschen umziehen müssen und aussteigen wollen oder versterben ?
Wird es von extern verwaltet und betreut ?

4

Birgit Brewe | 07.11.2025 13:43 Uhr

Konzeptvergabe fordern mehr als ein Skizze...

Die Frage "Was ist eine Konzeptvergabe?" wird mir derzeit häufig gestellt. "Reicht man da einfach eine Skizze ein?" – Nein, lautet die kurze Antwort.

Die ausführlichere:
Eine Konzeptvergabe ist ein steuerndes Wettbewerbsverfahren, mit dem Städte und Gemeinden kommunale Grundstücke veräußern, um über den reinen Kaufpreis hinaus qualitative, soziale und ökologische Ziele zu erreichen. Die Stadt Münster nutzt dieses Instrument gezielt, um Einfluss auf die architektonische und städtebauliche Qualität zu nehmen und zugleich eine nachhaltige Stadtentwicklung zu fördern – etwa durch bezahlbaren Wohnraum und lebendige, zukunftsfähige Quartiere.

Im Rahmen der Konzeptvergabe sind Bauherr:innen gemeinsam mit Architekt:innen aufgefordert, einen ausgearbeiteten Entwurf einzureichen, der sich durch hohe städtebauliche und architektonische Qualität auszeichnet. Ergänzend werden ein Nutzungs- und Mobilitätskonzept sowie ein belastbarer Finanzierungsplan gefordert, um die Umsetzbarkeit des Projekts zu sichern. Mit der Grundstücksvergabe verpflichten sich die Beteiligten zur Realisierung des eingereichten Entwurfs und der formulierten Nutzungskonzepte.

Die Grüner Weiler eG und ihre Architektin reichten daher keine einfache Skizze ein. Das Besondere an diesem Verfahren war, dass der Entwurf im Rahmen eines partizipativen Planungsprozesses entstand – lange bevor das Grundstück durch die Stadt Münster ausgelobt wurde. Das eingereichte Projekt war somit das Ergebnis eines gemeinschaftlich entwickelten architektonischen Entwurfs, getragen von den zukünftigen Bewohner:innen, die mit ihn mit ihre Vorstellungen von nachhaltigem und gemeinschaftlichem Wohnen prägten.

3

NochEinArchitekt | 07.11.2025 08:47 Uhr

Pflaster

Die große Pflasterfläche (Bild 9) ist etwas doll. Lang und Grau. Hier täte eine Auflockerung gut! Vielleicht den ein oberen Pflasterstein entfernen?

Ansonsten: Hut ab!!! Tolles Projekt.

2

Architekt | 05.11.2025 20:43 Uhr

I like it!

Der Berliner Wohnungsbau könnte sich hiervon auch ein oder zwei Scheibchen gönnen...

1

StudiausMünster | 05.11.2025 18:35 Uhr

Tolles Projekt!

Gückwunsch an die Planenden und die Bewohnerschaft!

 
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