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04.12.2025
Kloster wird Zweifamilienhaus
Umbau im Unterallgäu von Arge Groß, Kreft und Schropp
Nur 190 Seelen zählt das kleine Dorf Mussenhausen im Unterallgäu. Dennoch gibt es eine prächtige Wallfahrtskirche im Stil des Bayerischen Rokoko mit einem 41 Meter hohe Kirchturm. Sie wurde nach einer Marienerscheinung im Jahr 1679 errichtet und zog scharenweise Pilgernde ins Dorf. Bis heute ist Mussenhausen eine Station auf einem der vielen Europäischen Jakobswege nach Santiago de Compostela, ab dem 17. Jahrhundert entstand um die Kirche herum eine kleine Klosteranlage.
Nach dem Rückzug der letzten Kapuzinermönche um 1990 stand das Kloster leer und wurde 2018 zum Kauf angeboten. Davon erfuhr der Architekt Armin Schropp. Er stammt aus der Gegend und erzählte erst seiner Partnerin, der Landschaftsarchitektin Franziska Kreft davon, dann den gemeinsamen Freunden Veronika und Christian Groß, ebenfalls Architekten. Für 85.000 Euro kauften sie die drei Gebäude um die Kirche: das Kaplanhaus, das sogenannte „Klösterl“ und einen ehemaligen Stadel und Schweinestall am kleinen Klostergarten. Die Kirche steht auf einem eigenen Grundstück und ist mit regelmäßigen Gottesdiensten weiter im Besitz der Pfarrgemeinde.
„Denkmalstatus, Feuchtigkeitsschäden, Risse im Mauerwerk, veraltete Haustechnik, über 75 schadhafte Fenster und die schiere Größe des Projektes – das wirkt auf viele sicher abschreckend“, schreiben die vier rückblickend und mit einigem Stolz. Sechs Jahre hat der Umbau gedauert, über 9.500 Stunden Eigenleistung haben sie auf der Baustelle investiert, dann konnten sie einziehen. Entstanden sind gut 740 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche, die Gesamtkosten beliefen sich auf 1,75 Millionen Euro.
Im ehemaligen Kaplanhaus neben der Kirche wurden die Büros eingerichtet. Im Klösterl entstanden zwei Wohnungen, die in die eigenwilligen Strukturen des Bestandes eingepasst wurden: Beide Einheiten erstrecken sich über die gesamte Länge des schmalen Gebäudes. Im Erdgeschoss liegen die Wohnbereiche mit direktem Zugang zum Klostergarten. Die beiden Küchenzeilen – neun und dreizehn Meter lang – wurden in den ehemaligen Flur eingepasst mit Blick auf den Garten. Die Wohnbereiche liegen in den ehemaligen Speise- und Gemeinschaftssälen der Mönche mit Blick zur Straße.
In den Obergeschossen wurden die ehemaligen Wohnzellen zu Schlaf- und Badezimmern zusammengelegt. Betonböden und eingefügter Sichtbeton wechseln sich mit Einbauten aus Holz, Stampflehm oder Kalkputz ab. Die Materialien sollten sich „an der Einfachheit des Bestandes“ orientieren, so die Architekt*innen. Durch die gegenläufigen Treppen im Zentrum des Hauses sind die zwei Wohnungen miteinander verzahnt: Das eine Obergeschoss liegt über dem Erdgeschoss der anderen. Und auch mit der Kirche ist man spürbar verbunden: Ein Teil der Kirchenorgel war ihrer Größe wegen schon immer im Kaplanhaus untergebracht. Sie ist nun – in einem abgetrennten Raum – Teil der Groß’schen Wohnung. Wird sie gespielt, ist es im alten Kaplanhaus zu hören und zu spüren.
Da weiterhin Pilger*innen nach Mussenhausen kommen wurde der Stadel zu einer einfachen Herberge umgebaut. Ähnlich wie in den Wohnungen gibt es einen großen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss, darüber ein einfaches Schlaflager für bis zu sechs Gäste. „Der Stadel steht beispielhaft für die Philosophie des Gesamtprojekts“, schreiben die Entwurfsverfassenden: „Historisches Erbe bewahren, neue Nutzungen ermöglichen – mit einfachsten Mitteln und hoher gestalterischer Qualität.“ Das Projekt ist bereits mit dem diesjährigen Thomas-Wechs-Preis für ausgezeichnete Bauten in Schwaben gewürdigt worden. (fh)
Fotos: Sebastian Schels, Ulrich Kienzle
Zum Thema:
Weitere gelungene Umnutzungen für leerstehende Klosteranlagen in Deutschland zeigten wir 2022 in unserer BauNetz WOCHE #593 „Zukunftsraum Kloster“
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