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30.08.2023

Robuste Holzbau-Tektonik

Schulhaus in Weinfelden von Isler Gysel Architekten


Mit Holzfassaden ist es so eine Sache. Nicht selten verbergen sich hinter der Lattungen relativ konventionelle Massivbauten. Umgekehrt verschwinden echte Holzkonstruktionen auch schon mal unter anderen Materialien. Wie ein Gebäude tatsächlich gebaut ist, bleibt so gerade für Laien im Unklaren. Ganz anders haben es nun aber Isler Gysel Architekten (Zürich) bei einem Schulhaus in Weinfelden gemacht. Der kompakte Ersatzbau zeigt sich mit einer robusten Fassadentektonik aus breiten Stützen, strukturierenden Gesimsen und einem tiefen Dachüberstand.

Das alte Primarschulhaus der Kleinstadt Weinfelden im Kanton Thurgau nahe des Bodensees erwies sich nach knapp 50 Jahren Nutzung als nur bedingt zukunftsfähig. Die Schule war eine Art Sparbau mit zahlreichen Mängeln, der entgegen eines Wettbewerbsergebnisses von 1970 von einer Bürgerinitiative aus Kostengründen durchgesetzt worden war. Ein „eindrückliches Lehrstück zum nicht nachhaltigen Nutzen übertriebener Sparsamkeit“, wie es Daniel Kurz in seiner Würdigung des Neubaus in der Zeitschrift Werk, Bauen + Wohnen beschreibt. Tatsächlich zeigte sich das Haus, dem später noch aufgrund vieler undichter Stellen ein Steildach aufgesetzt worden war, in einem baugeschichtlichen Bericht von Martin Sax in keinem guten Zustand.

Die Gemeinde entschied sich für einen parallel zum Schulbetrieb errichteten Neubau auf dem gleichen Areal. Platz genug gab es hier, zumindest oberirdisch. Die Sache hatte nur einen Haken, denn im Untergrund befindet sich ein Notspital für Kriegszeiten, das erhalten bleiben sollte. Dem Neubau nutzt dieses Notspital nun – mittels eines betonierten Sockels – als Fundament, was sich nicht zuletzt aufgrund des reduzierten Gewichts der gewählten Holzkonstruktion als unproblematisch erwies.

Hinter der kompakten Erscheinung versteckt sich ein erstaunlich komplexes Innenleben. Die tiefen Grundrisse des Dreigeschossers werden durch zwei gebäudehohe Lichthöfe strukturiert, was eine zweiseitige Belichtung der Klassenräume erlaubt. Im Erdgeschoss sind die beiden Atrien durch eine offene Aula mit Bühne verbunden. In den oberen Geschossen liegen in dieser mittleren Zone unter anderem eine Bibliothek, ein Bereich für freies Lernen und an den Fassaden Fachräume.

Die Klassenzimmer fassen die Architekt*innen zu vier Clustern pro Etage zusammen. Diese sind über zwei schmale Treppenaufgänge erreichbar und verfügen jeweils über einen eigenen Vorraum. Fast alle Klassenzimmer eines Stockwerks sind außerdem durch einen Fassadenumlauf mit gläsernen Türen verbunden. Die Konfiguration der Erschließung ergibt dabei eine interessante Mischung auch Enge und Weite, aus eher geschlossenen Abschnitten und überraschenden Sichtbezügen über die Etagen hinweg.

Konstruktiv besteht das Schulhaus aus lokal vorgefertigten, tragenden Brettschichtholz-Elementen und schlanken Betondecken auf Holzunterzügen. Die Wandelemente, deren Holz ebenfalls von vor Ort stammt, erhielten im Inneren eine Kaschierung aus Gipskarton. Mit den Unterzügen, einigen offenen Stützen und einer feinen Vertäfelung im Bereich der Aula bleibt das maßgebliche Baumaterial trotzdem überall erkennbar. Und die Fassade aus sägerauen Elementen ist auch dahingehend ehrlich, als dass es tatsächlich keine durchlaufenden Stützen gibt. Die Tragwirkung in diesem Bereich resultiert nämlich ausschließlich aus den gestapelten Wandelementen. (sb)

Fotos: Ladina Bischof


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