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06.12.2016

Austerität kreativ

Schule in London von Henley Halebrown


Der Schulbau in Großbritannien kämpft noch heute mit der Beendigung des von der Labour Party initiierten Building Schools of The Future-Programms. Mit der Regierungsübernahme der Conservative Party 2010 wurde das Programm vom Bildungsminister der Tories – Michael Gove, bekannt geworden durch seine Entgleisungen über den Berufsstand der Architekten – als „zu verschwenderisch und bürokratisch“ diskreditiert und gestrichen. In der Folge mussten Pläne für 700 neue Schulbauten auf Eis gelegt werden. Heute verharrt die Finanzierung von Schulbauten in Großbritannien in einem Zustand der Austerität, was in den meisten Fällen die Entstehung von billigen, funktionalen Boxen ohne erkennbaren Gestaltungswillen zur Folge hat.

Die Architekten von Henley Halebrown (London) strotzen dieser ökonomisch konditionierten Einfältigkeit. Für eine Free School im Londoner Stadtteil Hackney realisieren sie ein Gebäude, mit dem sie versuchen, innerhalb der gegenwärtigen budgetären Zwänge ihren gestalterischen Anspruch geltend zu machen. Ihr Ziel, langlebige Gebäude zu realisieren, widerspricht den generellen Erwartungen. Denn das Spardiktat beim Bauen geht Hand in Hand mit einer kurzfristigen Planung. Die Education Funding Authority (EFA) rechnet bei britischen Schulen mit einer Lebensdauer von lediglich 25 Jahren. Henley Halebrowns Stahlstruktur mit Klinkerverkleidung soll 100 Jahre überstehen.

Die Architekten interessieren sich für „historische Vorbilder, Typologien und Analogien als Basis für die Produktion neuer Architektur“. Es ist daher nur konsequent, dass sie sich auf dem Grundstück am historischen Kingsland-Becken mit der Typologie und Materialität von Kaigebäuden auseinandersetzen und die Bestandsbauten – das Wohngebäude des Bootsmeisters und die Telefonzentrale aus der Nachkriegszeit – in den Schulkomplex integrieren. Das sechsgeschossige Kanalgebäude (mit Bibliothek, Klassenräumen, und Multifunktionsraum für Mittagessen, Musik und Tanz), die viergeschossige Telefonzentrale (mit Klassenräumen und Lager) und das fünfgeschossige Kingsland-Gebäude (mit Büros und IT-Räumen) definieren einen zentralen Spielhof.

Ihr Arbeiten mit historischen Versatzstücken wird in der Straßenfassade des Komplexes am deutlichsten ablesbar: Eine existierende Ladenfassade als Sockel, ein Volumen aus vorgefertigten Betonelementen und der schlichte, verklinkerte Baukörper sind zu einem neuen Ensemble collagiert. Dies kann auch als ein Verweis auf den gegenwärtigen, in London typischen Umgang von Schulbauten mit der Blockkante gelesen werden. Versuchen andere Gebäude, sich mit ihren Fassaden nahtlos einzufügen, wird hier mit dem Bestandssockel eher eine abstrakte Referenz geliefert, die durch die Collagentechnik sofort wieder aufgelöst wird. (df)

Fotos: Nick Kane, David Grandorge


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