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04.06.2021

Wohnlichkeit und gute Aussicht

Krankenhaus in Solothurn von Silvia Gmür Reto Gmür Architekten


Fahles Licht, kahle Wände und unangenehme Geräusche – mit einem Spital verbinden viele negative Emotionen. Zurecht, denn viele Klinikbauten entstanden in den 1970er-Jahren als hocheffiziente Maschinen, in denen der Mensch dem System untergeordnet war. Das aber ändert sich seit einiger Zeit. Auch das Basler Architekturbüro Silvia Gmür Reto Gmür Architekten, das über 30 Jahre Klinikbauerfahrung mitbringt, sagt: „Die Zeit der Maschinen ist vorbei. Heute sind Spitäler gefragt, die ihre Bedürfnisse konsequent auf die Menschen ausrichten.“ Dabei führt Reto Gmür die Zauberformel „Healing Architecture“ an, die die Architektur zum Teil der Therapie macht.

Wie das aussehen kann, zeigt der Neubau am Bürgerspital Solothurn. Es ist eines von rund 70 Projekten, die derzeit die Schweizer Spitallandschaft verändern. Bauherr ist der Kanton Solothurn, vertreten durch das Kantonale Hochbauamt; Betreiberin ist die Solothurner Spitäler AG, die Baukosten werden mit 340 Millionen Franken angegeben. Bereits vor 13 Jahren hatten Silvia Gmür Reto Gmür Architekten den Wettbewerb gewonnen. Ihr Entwurf stand unter dem Motto: Gesund werden als Vertrauenssache. Einen Ort wollten sie bauen, an dem die Menschen die bestmögliche Umgebung zum Genesen erhalten und wo das Personal gern arbeitet. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Walter Dietsche Baumanagement und den Energie- und Gebäudetechnikern Eicher + Pauli. Die Außengestaltung stammt von August + Margrith Künzel Landschaftsarchitekten.

Das Spital liegt gegenüber der Solothurner Altstadt. Der L-förmige, 7-geschossige Neubau wurde um die bestehenden Gebäude gruppiert. Er entsteht als Ersatz für ein Hochhaus aus den 1970er Jahren, das nach dem Umzug aller Abteilungen altersbedingt abgerissen wird. Die Gebäudeform bildet einerseits einen Abschluss der Stadt gegen Süden, andererseits entsteht dadurch in Richtung der Altbauten ein großzügiger Park. Im zweigeschossigen Sockel sind die öffentlichen Bereiche und die Untersuchungs- und Behandlungsräume untergebracht, darüber befinden sich die Bettenstationen. Die Fassade prägen 1.740 skulpturale Brise-Soleil aus weißen Betonelementen, die Teil des Verschattungssystems sind. Übersichtliche Wege und natürliches Licht sollen eine gute Orientierung ermöglichen. Im Sockelgeschoss bewegen sich die Patient*innen mit der Aussicht auf den Park in einem hellen Gang vor den einzelnen Abteilungen. Die Erschließung entlang der Fassaden ermöglicht so pro Geschoss eine rund 5.700 Quadratmeter umfassende Funktionsfläche, auf der die medizinischen Abteilungen mit größtmöglicher Freiheit organisiert werden können.

Auf Privatsphäre und Komfort ausgelegt sind die 155 Patientenzimmer im vierten bis siebten Obergeschoss, die als Doppelzimmer konzipiert sind. Anstatt dass das Bett am Fenster wie üblich dem hinteren Bett die Aussicht versperrt, ermöglicht eine Drehung der Betten um etwa 90 Grad für beide den Blick über Wiesen, Jura und Stadt. „Im Spital teilt man sich ungern ein Zimmer mit einem Fremden, wenn es einem schlecht geht“, erklärt Gmür. „Unser Layout ermöglicht mehr Intimität und Privatsphäre. Es gibt für alle Patienten eine eigene Raumzone und der Abstand der Betten konnte im Vergleich zu einem Standardzimmer bei gleichbleibender Größe mehr als verdoppelt werden“. Farbige Möbel und eine versteckte Technikleiste über den Betten sollen Wohnlichkeit erzeugen. Ebenso der Boden. Die Zimmer der Abteilung für Allgemeinversicherte sind mit Eichenholzparkett ausgestattet, die der Abteilung für Zusatzversicherte mit Nussbaumparkett. Die im Krankenhausbau ungewöhnlichen Bodenbeläge wurden vor Verwendung einem Hygienetest unterzogen. Neben den Brise-Soleil verschatten Vorhänge mit Farbfeldern die bodeneben verglasten Fenster.

Mitte Mai ging der Neubau in Betrieb. Nun steht die zweite Bauetappe an: Haus 2 wird voraussichtlich 2026 fertiggestellt und beinhaltet neben Haupteingang, Restaurant und Küche weitere Bereiche für ambulante Untersuchungen.

Text: Andrea Eschbach

Fotos: Ralph Feiner


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