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14.12.2022

Mit Blick aufs Delirium

Hochhaus von OMA in New York


44 Jahre nachdem Rem Koolhaas sein weltberühmtes Manifest zu Manhattan verfasste, haben OMA (Rotterdam) gemeinsam mit Beyer Blinder Beller (New York) nun ihren ersten Wolkenkratzer in New York realisiert. Viele Architekt*innen werden wissen, was der niederländische Architekt damals in Delirious New York mit der „Kultur des Staus“ als implizite DNA Manhattans beschrieb. Das Hochhaus als Vervielfältigung der Grundfläche und Teil inselartiger Blöcke im gleichmäßigen Raster der Stadt spielt im Buch eine zentrale Rolle. Man ist durchaus geneigt, das kürzlich fertiggestellte Hochhaus vor diesem publizistischen Hintergrund zu lesen.

Dabei hat Koolhaas selbst an dem Projekt nicht mitgewirkt. Als Projektleiter fungierte Jason Long. Zudem befindet sich das Hochhaus auch nicht in Manhattan, sondern auf der anderen Seite des East Rivers, an der Wasserkante von Greenpoint in Brooklyn. Die Gegend im Norden Brooklyns war lange Zeit eine der bezahlbareren New Yorks. Sie wurde und wird geprägt durch eine große polnische Nachbarschaft, verhältnismäßig niedrige Townhouses sowie Produktionsstätten am Ufer. Seit 2005 werden hier ehemalige Industrieflächen am Wasser zu einem Wohngebiet umgewidmet. Auf 22 Hektar sollen in den kommenden Jahren insgesamt 5.500 neue Wohnungen in mehreren Hochhäusern entlang des East Rivers entstehen, davon 1.400 bezahlbare Einheiten. Am Ufer sind öffentliche Parks vorgesehen. Verantwortlich für die Umsetzung sind unter anderem die international agierenden Projektentwickler Brookfield Properties und Park Tower Group, die auch hinter dem OMA-Projekt stehen. An diesem waren zudem die Landschaftsarchitekt*innen von James Corner Field Operations (New York) und die New Yorker Dependance des Interior-Design-Büros Marmol Radziner.

Allzu weit führt der Vergleich des Neubaus mit Delirious New York dann aber doch nicht. Abgesehen davon, dass man es hier mit einem ganzen Block zu tun hat, auf den Hochhäuser gesetzt wurden. Tatsächlich sind es zwei Türme, deren abgestufte Volumen sich gegenseitig Platz und Ausblick schaffen sollen. Grund für diese gestalterische Maßnahme war laut Architekt*innen, dass die städtebauliche Vorgaben lediglich eine Grundfläche von rund 1.020 Quadratmetern zuließen. Das sei zu wenig Platz gewesen für das umfangreiche Programm von circa 55.000 Quadratmetern Wohnfläche und weiteren etwa 25.000 Quadratmetern, auf denen unter anderem Geschäfte, Autostellplätze und zahlreiche Annehmlichkeiten für die Bewohner*innen Platz finden sollen.

Zu diesen Annehmlichkeiten zählen beispielsweise doppelgeschossige Aufenthaltsbereiche, Co-Working-Lounges und eine Werkstatt, die sich allesamt im sechsgeschossigen Sockel befinden. Außerdem werden ein Fitnesscenter, mehrere Pools und gemeinschaftliche Küchen geboten. Die insgesamt 745 Wohneinheiten, von denen 30 Prozent als bezahlbares Wohnen definiert sind, verteilen sich auf den kleineren, 30-geschossigen Turm, dessen Terrassen sich gen East River richten und den größeren 40-geschossigen Turm, dessen auskragende Teile nach Brooklyn weisen. Erkauft werden die zahlreichen Auskragungen mit aufwändigen Konstruktionen, darunter V-förmige „Mega-Stützen“ über der Lobby und immense Vierendeel-Träger in der Brücke.

Gegenüber liegt das „Endstadium der westlichen Zivilisation“, wie es auf dem Klappentext der deutschen Übersetzung heißt. 99 Milliardäre lebten vor einem Jahr in New York, mehr waren es nur in Peking. Die „Kultur des Staus“ beschreibt auch den Überfluss, in dem wir nach wie vor leben. (mh)

Fotos: Ossip van Duivenbode, Jason O'Rear, John Cole, Floto+Warner


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