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14.10.2005

Stadien der
Fußballweltmeisterschaft 2006

Bücher im Baunetz


„Dem Ernst Kuzorra seine Frau ihr Stadion“ – in dieser Ruhrgebiets-Grammatik bezeichnete der Volksmund einst scherzhaft die Glückauf-Kampfbahn in Gelsenkirchen-Schalke. 1974 entstand die weite Schüssel des Parkstadions, und obwohl dieses gar nicht im Stadtteil Schalke lag, ging man weiterhin „auf Schalke“, wenn man sich ein Heimspiel des identitätsstiftenden Arbeiter-Fußballvereins ansah. Diese Formulierung rutschte irgendwann einmal in den penetrant-anbiedernden Sprachschatz der Sportreporter – und gelangte von dort aus zurück in den Namen der neuen, voll durchkommerzialisierten „Arena Auf Schalke“. Dort kann man dann in einer Kneipe namens „Kuzorra“ sein Pilsken schlürfen.


Die Arena „Auf Schalke“ ist mit Cabriodach, ausfahrbarem Spielfeld und fünf Kilometern Bierleitung technisch anspruchsvoll, gestalterisch jedoch äußerst plump geraten (Architekten: HPP, Düsseldorf). Als eines von zwölf deutschen Stadien wird es Schauplatz der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 sein.
Jedes dieser zwölf Stadien ist in den letzten Jahren im Hinblick auf dieses Ereignis grundlegend umgestaltet oder gar neu gebaut worden. Traditionsreiche Bezeichnungen wie Volksparkstadion oder Müngersdorfer Stadion wichen Marketingnamen wie AOL-Arena oder Rhein-Energie-Stadion, die Leichtathletik-Laufbahnen verschwanden fast überall, die Tribünen rückten an das Spielfeld.


Die Architektur, die Kunst der Gestaltung des Gebauten, mag bei vielen dieser Bauvorhaben nicht an erster Stelle der Aufmerksamkeit gestanden haben. Darauf kommt es an dem Emotions- und Event-Ort Stadion den meisten Zuschauern auch nicht an: „Als legendär geltende Fußballstadien müssen offenkundig nicht in Lexika der Weltarchitektur gestanden haben“, stellt Angelika Schnell im Vorwort fest. Dennoch lohnt ein vergleichender Überblick auf diese Bauleistungen allemal.


Diese liegt mit dem angenehm leichtgewichtigen Birkhäuser-Band nun vor. Das hervorragend fotografierte Buch stellt die zwölf WM-Stadien sowie kurz drei unterlegene Spielstätten vor. Nach einem baugeschichtlichen Überblick liegt der Schwerpunkt des jeweiligen Textes auf den Baumaßnahmen der jüngsten Zeit. Im Gegensatz zu allgemein-populären Darstellungen z.B. in der Sportpresse wird hier auch stets dezidiert auf Architektur und Baukonstruktion eingegangen. Viele der Stadien erhalten ihre typischen Merkmale hauptsächlich durch die Art und Form ihrer Überdachung; hier kann man die statischen und konstruktiven Details dazu nachlesen.


Das Buch betreibt keine Architekturkritik, sondern bleibt beschreibend. In drei Fällen gibt es zusätzlich zum Erläuterungstext noch ein Interview mit dem Architekten bzw. Ingenieur. Wenn damit eine gewisse Gewichtung ausgedrückt werden soll, fehlt allerdings ein Interview mit Herzog/de Meuron, ist doch deren neues Münchener Stadion der architektonisch bei weitem ambitionierteste Stadion-Neubau. Wer allerdings das notorische Desinteresse der Baseler an Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache kennt, wird erahnen, dass es den Buchautoren schlicht nicht gelungen sein wird, die Architekten vors Mikrophon zu bekommen. Sei’s drum - dies tut dem Buch, das in der richtigen Aufmachung zum richtigen Zeitpunkt auf dem Markt kommt, keinen nennenswerten Abbruch.
(Benedikt Hotze)

von Gernot Stick, mit Beiträgen von Philipp Köster und Angelika Schnell
110 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 29,90 Euro
Birkhäuser, Basel Boston Berlin 2005 ISBN-10: 3764372478


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