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10.04.2009

This ist the First Day of My Life

Bücher im BauNetz


Der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung diente ein Bild des „Prada- Shops“ in der texanischen Wüste einer Installation von Elmgreen & Dragset aus dem Herbst 2005 – kürzlich als Illustration eines Artikels über die einbrechenden Umsätze der Luxusgüterindustrie im Schatten der Finanzkrise. Dabei hat das norwegisch-dänische Künstlerduo damals wohl kaum den Bankenkollaps und seine Folgen vorausgesehen und thematisiert. Dem Werk ging – unter anderem – eine Auseinandersetzung mit der Verstrickung von Kunstmarkt und (Fashion-)Industrie voraus, in der Miuccia Prada eine herausragende Rolle spielt.

Dass ihre Installationen gleichzeitig sehr eigenwillige, irritierende dreidimensionale „Bilder“ sind und trotzdem – oder gerade deshalb – so vielfältig gelesen werden können, ist eine der Stärken der beiden in Berlin lebenden Künstler. Im Hatje Cantz Verlag ist unter dem Titel „This is the First Day of My Life“ nun ein Buch erschienen, in dem Michael Elmgreen und Ingar Dragset einen umfassenden Überblick über ihr Gesamtwerk liefern. Das Buch zeichnet sich durch ein minimalistisches Layout aus, das den Fotografien und Reproduktionen der Kunstwerke genügend Raum und das Blättern darin zu einem Spaziergang durch eine virtuelle E&D-Ausstellung werden lässt.

Neben der kompletten Werkliste der Künstler ist das Buch in vier Abschnitte gegliedert, in deren Überschriften einige Aspekte ihrer Arbeit eher beiläufig als programmatisch auftauchen. Statt langer kunsthistorischer Beschreibungen werden drei Texte den Abbildungen an die Seite gestellt. Dabei versucht lediglich
der einführende Essay von Massimiliano Gioni mit dem paradoxen Titel „The Erotic Frigidaire“ eine Interpretation des Künstlerschaffens, „The Prison Letters“ von Amelia Saul ist dagegen eine Kurzgeschichte, die als literarisches Gegenüber der Installation „Prison Breaking/Powerless Structures“ dient. Und die abgedruckte Eröffnungsrede des Labour-Politikers Tony Benn zur Ausstellung


„The Welfare Show“, die man teils als Karikatur auf die bürokratischen Auswüchse des Wohlfahrtstaates lesen könnte, benutzt die Kunst als Vorlage für eine historische Begründung politischen Engagements.

Aus dem Rahmen fällt und dabei konzeptionell stimmig umgesetzt ist der Mittelteil mit dem Titel „The Incidental Self“ (zu deutsch etwa „das beiläufige Selbst“), in dem die Künstler „Schnappschüsse“ aus ihrem Leben und der Schwulenszene zusammengetragen haben: Das dünne Hochglanzpapier grenzt diesen Teil des Buchs aus dem „musealen“ Kontext aus und verweist auf einen alltäglicheren – den eines Magazins. Gleichzeitig wird damit eines der ständigen Themen der Künstler aufgegriffen: die Auseinan dersetzung mit dem alltäglichen und dem musealen Raum, die Konfrontation des „White Cube“ mit den Heterotopien der aus der Gesellschaft ausgegrenzten (homo-)sexuellen Rituale.

Als Illustration für einen Artikel zur Bankenkrise könnte man übrigens prima eine Installation der Künstler aus dem Jahr 2003 verwenden: Vor einem stählernen (Bank-) Tresor hängt schief ein bereits angeschlagenes (und in seiner Typografie an ein Werk von Felix Gonzales-Torres angelehntes) Bild mit der Textbotschaft: „Capitalism will collapse from within“.
(Cordula Vielhauer )


Zum Thema:

Ingar Dragset, Michael Elmgreen
This ist the First Day of My Life
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern 2008
Gebunden, in englischer Sprache, 
320 Seiten, 515 Abbildungen
49,80 EUR
ISBN 978 377 572 0502
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