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13.02.2012

Mythos Monument

Bücher im BauNetz


„Dieses wird jenes töten“, schrieb Victor Hugo 1831 und meinte damit: Die Buchdruckerkunst wird die Kirche zerstören. Übersetzt in die heutige Zeit könnte man zugespitzt formulieren: Die Medien werden das Monument zerstören. Gleichzeitig aber erschaffen sie es auch. Der Band Mythos Monument. Urbane Strategien in Architektur und Kunst seit 1945 beleuchtet in Beiträgen von 12 Autoren ausgewählte Positionen u. a. der Urbanistik, Kunstgeschichte und Architekturtheorie. Der interdisziplinäre Diskurs offenbart den Einfluss der Medien in Bezug auf Definition und Gestaltung heutiger Monumente: So wurde in der Diskussion um Eisenmans Denkmal für die Ermordeten Juden Europas in Berlin (2005) der Monumentalcharakter des ersten Entwurfs scharf angegriffen, woraufhin eine Überarbeitung erfolgte. Doch wann ist ein Monument überhaupt als solches zu bezeichnen? Am Beispiel des Euston Arches in London, über dessen Erhalt und Nicht-Erhalt in den späten 60er Jahren leidenschaftlich diskutiert wurde, demonstriert Laurent Stalder die zentrale Rolle der Medien: Erst die öffentliche Debatte habe dem Gebäude Monument-Status verliehen.

Medialisierung, aber auch Mobilisierung prägen die Gesellschaft der Nachkriegsmoderne. Stalder attestiert deshalb auch Bauten des Verkehrs, wie den von Alison und Peter Smithson als fixes postulierten Autobahnkreuzungen, Monument-Charakter. Mobilität und Medialität verknüpfen sich in den Theorien von Robert Venturi und Denise Scott Brown. Ihr Modell des decorated barn sträubt sich gegen traditionelle Monumentalitäts-Kriterien wie Lage, Dimension und Architektur: Nur noch die Oberfläche zählt. Die Lichter von Las Vegas werden zu Monumenten, die Fahrt entlang des Highways zum Film, das Auto zur Kamera. Charles Moore formuliert entsprechend: „The freeways could be the real monuments for the future (...).“ In den Entwürfen der italienischen Gruppe Superstudio verdrängen denn auch die Highways alles andere, mittels filmischer Techniken wie dem Storyboard wird das Monument als Mythos konstruiert.

Gleichzeitig dient die Inszenierung des Blickes auch dazu, Monumentalitäts-Kriterien wie Dauerhaftigkeit oder Überhöhung zu hinterfragen: Die Translozierung von Denkmälern auf den Fotocollagen des Konzept-Künstlers Robert Filliou oder der Film How to Appear Invisible, der das Verschwinden des Palastes der Republik dokumentiert, bergen enormes Potential für Ironisierung und Verstörung des Blickes. Gleiches gilt für Robert Smithsons Sand-Box-Monument: Als „Nicht-Ort“ demonstriert das Motiv die Beliebigkeit der Auswahl mittels der Kamera und führt das Element des Repräsentativen ad absurdum.

Das Buch bildet – unabhängig von einer strengen Chronologie – schlaglichtartig einzelne Positionen ab: Die Fragen, die sich aus dem Spannungsfeld zwischen Konstruktion und Dekonstruktion von Monumenten ergeben, machen den Band zu einer lesenswerten Grundlage für weitere interdisziplinäre Diskussionen.
(Myrta Köhler)

Mythos Monument.
Urbane Strategien in Architektur
und Kunst seit 1945
transcript Verlag, Bielefeld, 2011
Carsten Ruhl (Hg.)
Softcover, 320 Seiten
32,80 Euro


Zum Thema:

www.transcript-verlag.de


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