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23.08.2023

Buchtipp: Besser als neu

Bilderbuch einer Fassadensanierung


So viel vorweg: Das vorliegende Buch ist angenehm klein. Ein Handformat, das als Softcover bequem in jede Mantel- oder Jackentasche passt und daher zum Mitnehmen bestens geeignet ist. Das ist auch deshalb gut, weil das Buch sein Thema dadurch nicht unnötig aufbläht. Denn in Besser als neu geht es allein um die Geschichte einer einzigen Fassadensanierung in Basel.

Überhaupt kommt dieses präzise Buch recht schnell zur Sache. Ein knappes Vorwort von Andreas Ruby, Direktor des Schweizerischen Architekturmuseums in Basel, führt unmittelbar in die Geschichte ein: 2019 hatte sich die Basler Kantonalbank an den lokalen Architekten David Vaner gewandt, um die Fassade eines unauffälligen 1960er-Jahre-Bürohauses in der Dufourstrasse 38 vollständig zu ersetzen.

Für die Bank war das „business as usual“, denn die Fassade aus Aluminiumpaneelen, Betonfertigteilen und Fensterbändern erfüllte die  Wärmeschutzauflagen nicht mehr und war zudem nicht mehr im Originalzustand von 1966. Die ursprüngliche Fassade war 1994, keine 30 Jahre nach Fertigstellung, vollständig ersetzt worden. „Dabei behielt man“, schreibt Ruby, „den ursprünglichen Entwurf bei, weil man das Gebäude als einen Teil des kulturellen Gedächtnisses der Stadt begriff.“ Es schien also naheliegend, die Fassade 2019 – wieder drei Jahrzehnte später – erneut vollständig auszuwechseln. Ruby: „Das wäre der normale Lauf der Dinge gewesen, den man an unzähligen Bürogebäuden aus den 1960er Jahren beobachten kann, die heute landauf, landab beim Klimakassensturz mit trauriger Vorhersehbarkeit ihr Gesicht verlieren.“

In Basel jedoch nahm die Geschichte eine andere Wendung. Vaner, ausgebildeter Zimmermann mit Erfahrung in der Restaurierung historischer Bauten, näherte sich dem alltäglichen Bürogebäude mit der gleichen Vorsicht wie einem denkmalgeschützten Haus. Er analysierte die Konstruktion und den Zustand der einzelnen Teile bis ins Detail und stellte der Bauherrin anschließend drei Optionen vor. Den vollständigen Austausch der gesamten Fassade wie ursprünglich gewünscht, die reine Pflege und Reparatur bei Bewahrung der alten Fassade oder einen Mittelweg namens „Erhalten, Ertüchtigen und Pflegen“. Die Maßnahmen aller drei Optionen wurden dabei nicht nur finanziell bewertet, sondern auch mit Zahlen zur Klimabilanz unterfüttert.

Architekt und Bauherrin wählten den dritten Weg: Die Demontage und Reinigung aller Fassadenelemente, das Einsetzen verbesserter Dämmung und Abdichtungen sowie einer neuen Verglasung bei Erhalt der originalen Aluminiumfenster. Wie aufwendig das war und wie viel Handarbeit für dieses Verfahren notwendig war, veranschaulicht David Vaner in 33 Bildtafeln. Die Fotos zeigen zumeist kräftige, überwiegend bärtige Männer bei feinen Arbeiten. Wir schauen bei fast jedem einzelnen Arbeitsschritt zu: Von der Demontage über die „Waschstraße“, die zur Reinigung in der Tiefgarage des Gebäudes eingerichtet werden konnte, um zusätzliche Transportwege zu vermeiden, von der Ertüchtigung und dem Wiedereinsetzen bis zur finalen Waschung der gesamten Außenfassade mit Osmosewasser und der anschließenden Eloxal-Versiegelung.

Zum Schluss wird uns „Das gewaschene Haus“ in zehn strahlenden Fotos von Martin Zeller vor Augen geführt. Wir schauen nicht nur auf Straßen- und Hoffassaden, sondern auch auf Details wie die Lisenenverkleidungen oder die Eckanschlüsse, die uns aus den minutiösen Beschreibungen zuvor bereits so vertraut erscheinen wie ein guter, alter (und frisch gewaschener) Freund. Einzig hätte man sich auf dieser abschließenden Bildstrecke schon gewünscht, das Haus einmal in Farbe zu sehen; selbst wenn die Komposition nur aus Silber- und Grautönen besteht. Stattdessen aber bleibt sich das kleine, bescheidene Buch bis zur letzten Seite im kontrastreichen Schwarz-Weiß treu.

Noch vor wenigen Jahren hätte man einem solchen Buch wohl wenig Beachtung geschenkt, es als Fachbuch für Fassadenhandwerker*innen abgetan. Erst die immer größere Bedeutung von Bestandserhalt und Umbau macht solch leichte, heitere Bücher möglich, die sich einfach nur ganz und gar einem Einzelfall verschreiben. Ein Einzelfall, der überaus anregend präsentiert und beschrieben wird, und der so unbedingt zur Nachahmung anregt.

Text: Florian Heilmeyer


Besser als neu
Ilka Ruby und David Vaner (Hg.)
128 Seiten
Ruby Press, Berlin 2023
ISBN 978-3-944-074481
18 Euro


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