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12.11.2025
Jacke aus Beton
Museum in Princeton von Adjaye Associates und Cooper Robertson
Im Zentrum des grünen, beschaulichen Campus der altehrwürdigen Princeton-Universität ist ein erstaunliches Ensemble mit gezackten, weitgehend geschlossenen Betonfassaden gelandet. Es handelt sich um den Neubau für das Princeton University Art Museum, entworfen von Adjaye Associates (London) und Cooper Robertson (New York) nach einem gewonnenen Wettbewerb im Jahr 2018. Im Vergleich zu den historischen Steinfassaden und Bogenfenstern ringsum gibt sich das neue Haus mit seinen vertikalen Betonrippen-Fertigteilen kühl und reserviert – fast wie ein Hochsicherheitslagerhaus.
Was nicht ganz falsch ist. Denn dieses gewaltige Haus beherbergt die 117.000 Objekte umfassende Kunstsammlung der Universität, von etruskischen Urnen über mittelalterliche Treppen und expressionistische Gemälde bis zu zeitgenössischen Skulpturen. Viele Objekte werden direkt für den Unterricht an der Universität genutzt und müssen entsprechend verfügbar sein. Die Sammlungen waren zuvor in einem unübersichtlichen Labyrinth aus fünf immer wieder umgebauten Häusern aus verschiedenen Jahrhunderten untergebracht. Schon vor dem Architekturwettbewerb 2018 hatte die Universität entschieden, die Altbauten zugunsten eines Neubaus abzureißen.
Die Architekt*innen ersetzen die alte mit einer neuen Struktur, die sich auf neun miteinander verbundene Pavillons verteilt. In sieben dieser Pavillons sind Ausstellungsräume versammelt, im achten die Restaurierungswerkstätten und im neunten die Kunstbibliothek. Durch das Aufbrechen der großen Gebäudemasse in neun Volumen kann das Gebäude trotz seiner Größe auf die benachbarten Häuser und Wegeführungen des Campus reagieren. Einige Pavillons kragen über einem robusten Sockel aus und bilden so überdachte Außenbereiche, andere sind nur durch Brücken in den oberen Geschossen verbunden. Zwei der großen Achsen, die über den Campus führen, wurden in die innere Organisation des Gebäudes aufgenommen. Dabei sollen eine Nord-Süd- und eine Ost-West-Achse auch jenseits der Öffnungszeiten zugänglich sein, sodass Studierende diese „Artwalks“ als Abkürzungen über den Campus nutzen können. Eingebaute Vitrinen und Schaufenster zu den Ausstellungsräumen ermöglichen Blicke auf die Sammlungen.
Zusammengefasst werden die Pavillons vor allem durch die umlaufende Oberfläche aus besagten, vertikal gezackten Betonfertigteilen, die ein intensives Schattenspiel erzeugen – als hätte man dem Ganzen eine Jacke aus Beton umgehängt. Die einzelnen Module messen 2,4 auf 9,75 Meter und verfügen über immer zwei Zacken. Der Sockel besteht aus dunklerem, stark sandgestrahltem Beton. Die Fenster werden in den Fassaden durch Aluminiumrahmen mit eloxierter Bronzeoberfläche eingefasst. Die Materialkomposition erinnert an amerikanische Campus-Meisterwerke wie Paul Rudolphs Architekturgebäude in Yale.
Allerdings ist Adjayes Entwurf keine Kopie alter Meister, sondern verschafft sich eine eigenständige Position. Das wird spätestens mit dem in vielen Räumen sichtbaren Dachtragwerk deutlich: Bis zu 5,5 Meter hohe Holzträger formen über den größeren Ausstellungsräumen Kassettendecken aus, durch die gefiltertes Tageslicht in die Räume gelassen werden kann. Die insgesamt 32 Ausstellungssäle bieten unterschiedliche Proportionen und Größen, manche sind bis zu zehn Meter lang, andere messen nur 13,5 Quadratmeter Grundfläche. Der Parcours durch das Gebäude dürfte keinesfalls langweilig werden, zumal die Räume auch mit einem kräftigen Farbkonzept ausgestattet wurden. Zuletzt sei noch die Grand Hall erwähnt, die als zehn Meter hoher, rechteckiger Raum in der Mitte des Gebäudes thront und aus deren Boden in mehreren Stufen ein Bühnenraum mit Auditorium für 236 terrassierte Sitzplätze ausgefahren werden kann.
David Adjaye blieb der Eröffnung des Neubaus am 30. Oktober übrigens fern. Seitdem ihn drei seiner Angestellten im Juli 2023 der sexuellen Belästigung beschuldigt hatten, ist er allen offiziellen Terminen in Princeton fern geblieben. Adjaye hat die Anschuldigungen stets bestritten, zu einem Gerichtsverfahren ist es bislang nicht gekommen. Dennoch hat das Büro seitdem etliche Aufträge verloren. Vielleicht hätte auch Princeton ihn entlassen, aber, sagte Museumsdirektor James Steward dem Guardian, zu dem Zeitpunkt sei das Museum bereits zu 60 Prozent fertiggestellt gewesen. So einigte man sich stattdessen darauf, dass das Büro Cooper Robertson – von Anfang an als Museumsspezialisten in den Entwurf involviert – die Arbeit vor Ort koordinieren würden. (fh)
Fotos: Dror Baldinger, Richard Barnes
Zum Thema:
Infolge der Missbrauchsvorwürfe im Jahr 2023 zog sich David Adjaye aus der Position des Architekturberaters für den Londoner Bürgermeister zurück. Seine Führungsposition im Büro Adjaye Associates hält er nach wie vor. Nach weiteren Meldungen über eine „toxische Arbeitskultur“ soll es inzwischen eine unabhängige Überprüfung durch eine Anwaltskanzlei sowie daraus folgend eine Umstrukturierung der Führungsetage gegeben haben.
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