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Übliche Vergütung bei Überschreitung der Tafelwerte der HOAI nach den bekannten Fortschreibungstabellen?

Überschreiten die anrechenbaren Kosten die Höchstgrenzen der Honorartafel der HOAI, dann richtet sich das Honorar in Ermangelung einer Honorarvereinbarung nach der üblichen Vergütung.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Besonderheiten ergeben sich, wenn die anrechenbaren Kosten die Tabellenwerte der Honorartafel überschreiten, § 16 III HOAI.
Beispiel
(nach KG Berlin , Urt. v. 22.03.2004 - 24 U 57/01; BGH, Urteil vom 24.06.2004)
Der Architekt hat einen Auftrag zur Erbringung von Architektenleistungen erteilt bekommen. Die anrechenbaren Kosten liegen über den Tabellenwerten der Honorartafel des § 16 I HOAI. Eine Honorarvereinbarung wurde nicht getroffen.

Das Gericht meint, dass dem Architekten eine übliche Vergütung zustehe. Die übliche Vergütung sei bestimmbar – hier durch Sachverständigengutachten (vgl. anders LG Mainz Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI / Honorartafel / freie Honorarvereinbarung Bestimmung des angemessenen Honorars durch Architekten nach § 315 BGB). Grundsätzlich sei bei der Frage der Üblichkeit der Vergütung auf das Preisrecht der HOAI Bezug zu nehmen, da diese eine Vielzahl von Einzelfällen nach bestimmten im Voraus festgelegten Parametern die übliche Vergütung des Architekten bestimmt. Nicht allerdings könne bei der Ermittlung des üblichen Honorars von der Fortschreibung der Tabelle des § 16 HOAI ausgegangen werden. Die Honorartafel des § 16 HOAI sei abschließend. Die Honorarvereinbarung sei im vorliegenden Fall gerade frei vereinbar, da die anrechenbaren Kosten über den Tabellenwerten liegen. Der Verordnungsgesetzgeber habe die Gelegenheiten zur Änderung der Vorschrift nicht genutzt. Auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen, der zugleich an dem „Statusbericht 2000 plus, Architekten und Ingenieure“, der sich mit den Tabellengrenzen befasst, mitgewirkt hat, kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass sich die Honorarprozentsätze im Bereich von 6,46 % bis 6,45 % bei anrechenbaren Kosten von 80 bzw. 85 Millionen DM und einer Honorarzone III unten (HOAI 1995) bewegen.
Hinweis
Die Entscheidung befasst sich mit den in der Literatur kontrovers diskutierten Fragen, wie die übliche Vergütung in den Fällen freier Honorarvereinbarung nach § 16 III HOAI zu bestimmen ist (z.B. die Sätze aus den RiFT-Tabellen der staatlichen Bauverwaltung). Die Entscheidung enthält eine Absage an die Fortschreibungstabellen.
Gegen die Entscheidung spricht, dass sich der Sachverständige auf Kenntnisse nach dem Vertragsabschluss zu berufen scheint, wobei das Gericht zutreffend noch feststellt, dass eine Vergütung üblich ist, die zur Zeit des Vertragsabschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt. Vergleichsmaßstab sind Leistungen gleicher Art, gleicher Güte und gleichen Umfangs.
Grundsätzlich wäre eine repräsentative Umfrage erforderlich. Die Fortschreibungstabellen der öffentlichen Auftraggeber haben möglicherweise auf dem freien Markt keine Vorbildfunktion.

Der BGH hat mit nunmehr bekannt gewordenem Urteil vom 24.06.2004 die Ansicht des Kammergerichtes Berlin bestätigt. In vorgenanntem Urteil führte der BGH aus, dass maßgeblich für die Höhe der anrechenbaren Kosten nicht die subjektiven Vorstellungen beider oder einer der Vertragsparteien bei Vertragsabschluss seien, sondern die jeweiligen tatsächlichen anrechenbaren Kosten, die gem. § 10 II HOAI ermittelt worden seien. Überschritten die so festgestellten anrechenbaren Kosten die Tafelwerte und fehle es darüber hinaus an einer Honorarvereinbarung der Parteien (vgl. § 16 III HOAI), so richte sich die Vergütung nach § 632 II BGB. Eine Fortschreibung der Honorartabellen für anrechenbare Kosten komme ohne entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien nicht in Betracht, weil die Honorartabelle des § 16 I HOAI ein in sich geschlossenes System sei.

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