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Überstundenausgleich nach Kündigung eines Auftrages: Ersparte Aufwendungen?

Nach der Kündigung eines Auftrages muss sich der Architekt ein Überstundenausgleich, welchen er dem freigewordenen Personal vor- oder freigegeben hat, als ersparte Personalkosten anrechnen lassen.


Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, dass die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Besonderheiten ergeben sich, wenn es zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung kommt.
Beispiel
( - OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.06.2023 - 21 U 191/22; BGH, Beschluss vom 15.05.2024 - VII ZR 134/23 – NZB zurückgewiesen)
Ein Generalplaner wird für mehrere Projekte auf einem Grundstück des Bauherrn zu einem Pauschalpreis von Euro 2,25 Millionen beauftragt. Bereits wenige Monate später kommt es zu einem Projektstopp, schließlich kündigt der Bauherr den Auftrag. Der Generalplaner rechnet erbrachte Leistungen abzüglich Abschlagsrechnungen in Höhe von rund Euro 17.500 ab und verlangt als Schadensersatz weitere rund Euro 2 Millionen netto. Dabei lässt er sich ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb in Höhe von rund Euro 100.000 anrechnen.

Der Generalplaner trägt u. a. vor, dass er einen Überstundenausgleich angeordnet habe. Er ist allerdings der Ansicht, dass er sich diesen nicht als ersparte Personalkosten anrechnen lassen muss. Soweit ein Überstundenpuffer entstanden sei, der aufgrund der freien Kündigung abgebaut worden sei, dürfe der Architekt im Ergebnis nicht schlechter gestellt werden, als er ohne Kündigung gestanden hätte. Wäre der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden, hätte der Architekt jene Überstunden-Konten anderweitig saisonal oder auslastungsbedingt in Abstimmung mit dem jeweiligen Arbeitnehmer nutzen können. Im Übrigen seien die Überstunden bei früheren Bauvorhaben angefallen, mit den eigentlich notwendigen, aber entfallenden Aufwendungen zur Herstellung des gekündigten Projekts würden diese Personalkosten nach vorzeitiger Beendigung nicht in Zusammenhang stehen. Stattdessen befreie sich der Unternehmer mit der Gewährung eines Überstundenausgleichs in Freizeit gegenüber dem Arbeitnehmer von einer offenen Verbindlichkeit. Mit dem Überstundenabbau setze der Unternehmer aber auch nicht seine Arbeitskraft oder seinen Betrieb zu anderweitigem Erwerb ein, sondern verzichtet gerade hierauf.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf folgt der Argumentation nicht und entscheidet  anders. Der Architekt müsse sich hier den unstreitig angefallenen Überstundenausgleich anrechnen lassen. Der Überstundenausgleich ermögliche es dem Architekten, seine Mitarbeiter in Zukunft durchgehend zu beschäftigen und enthebe ihn der Pflicht, Überstundenausgleich zu zahlen. Es genüge, wenn die Arbeitnehmer faktisch die betriebsbedingten Freistellungen auf der Basis eines Überstundenausgleichs unter Abzug von ihrem Ausgleichskonto in Anspruch nehmen und nicht auf ihrem vollen tariflichen Lohn während dieser Zeit bestünden. Denn dann entstehe dem Architekten tatsächlich ein wirtschaftlicher Vorteil. Er wäre in diesem Fall im Umfang der abgebauten Überstunden davon befreit, das auf dem Ausgleichskonto gutgeschriebene Guthaben später noch auszahlen zu müssen.


Hinweis
Die Frage, ob ein Überstundenabbau zu ersparten Aufwendungen führt, war bisher streitig; die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist, soweit ersichtlich, die erste zu dieser streitigen Frage.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck