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Weiterleitung ungeprüfter Unterlagen: Entfall des Haftpflichtversicherungsschutzes?

Erstellt ein Mitarbeiter eines Architekten eine Unterlage, hier eine Kostenberechnung, und leitet der Planer diese Unterlage an den Bauherrn weiter, obwohl er bemerkt, dass die Unterlage voraussichtlich falsch ist, so handelt es sich hierbei um eine bewusste Pflichtwidrigkeit; der Haftpflichtversicherungsschutz geht verloren.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind Fälle bestimmt, in denen ein Versicherungsschutz ausgeschlossen ist
Beispiel
(Urt. v. 18.12.2007)
Ein Planer erstellt im Rahmen seines Auftrages detaillierte Leistungsverzeichnisse, die für die Kostengruppen 300 und 400 Kosten von rund 1,35 Millionen DM auswiesen. Ein Mitarbeiter des Planers erstellt später eine "Kostenberechnung", die Kosten von lediglich 1,03 Millionen DM ergibt. Der Planer leitet vorgenannte Kostenberechnung an den Bauherrn weiter, obwohl er – so räumt er später selber ein – die Kostenberechnung nicht überprüft und ihm die eklatante Kostenreduzierung ohne weitere Begründung aufgefallen sei. Hierbei sei ihm auch bekannt gewesen, dass der Bauherr seine Entscheidung für Sonderausstattungen von der Kostenberechnung abhängig machen wollte. Tatsächlich gibt der Bauherr in der Folge rund € 100.000,00 für Sonderausstattungen aus, die er – als sich später die Unrichtigkeit der Kostenberechnung herausstellt als Schaden geltend macht. Die in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung will unter Berufung auf einen bewussten Pflichtverstoß den Deckungsschutz verweigern.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf räumt der Haftpflichtversicherung das Recht zur Deckungsschutzverweigerung ein. Aufgrund der eindeutigen Aussage des Planers selbst stehe eine bewusste Pflichtwidrigkeit fest.

Hinweis
Für Kostenüberschreitungen steht den Haftpflichtversicherungen in der Regel ein weiterer Grund für einen Deckungsausschluss gemäß den BBR/Arch zur Verfügung. Wieso nicht – jedenfalls auch – auf diesen Ausschlussgrund in der Argumentation zurückgegriffen wurde, geht aus dem Urteil nicht eindeutig hervor. Unabhängig hiervon dürfte sich der vorliegende Fall dahingehend verallgemeinern lassen, das selbstverständlich ein Planer die von Mitarbeitern erstellten Unterlagen – insbesondere bei nicht ohne weiteres erklärbaren Ergebnissen – überprüfen und zurückhalten muss. Allerdings bleibt es dabei, dass die bewusste Pflichtwidrigkeit ein Ausnahmetatbestand ist, den grundsätzlich der Versicherer nachzuweisen hat. Sie kann nicht einfach unterstellt werden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 05.03.2008 –20 U 177/07–).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck