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Geringer Aufwand als Begründung einer Mindestsatzunterschreitung?

Eine Unterschreitung der Mindestsätze kann gerechtfertigt sein, wenn der Auftrag im Wesentlichen die Erstellung der Genehmigungsplanung nach standardisierten und aus Voraufträgen bekannten Vorgaben des Endkunden umfasst.

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze, es sei denn es liegt ein Ausnahmefall des § 4 II oder § 4 III HOAI vor.
Beispiel
(nach OLG Naumburg , Urt. v. 30.11.2007 - 1 U 86/06; rechtskräftig nach Rückgabe der NZW gem. Beschluss des BGH vom 19.06.2008 –VII ZR 3/08 –)
Ein Unternehmer, der sich gewerblich mit der Errichtung von Lebensmittelmärkten befasst, stand in regelmäßiger Vertragsbeziehung zu einer Architektin. Die Architektin war bereits mehrfach mit Planungsleistungen zur Errichtung von Lebensmittelmärkten für bestimmte Discounter beauftragt worden. Im Jahre 2002 beauftragte das Unternehmen die Architektin erneut mit Planungsleistungen – Lph. 1-4 nach § 15 HOAI – für einen Lebensmittelmarkt in C.; die Parteien vereinbarten hierfür ein mindestsatzunterschreitendes Pauschalhonorar. Später macht die Architektin gegen das Unternehmen den Mindestsatz geltend. Das Unternehmen argumentiert, die Architektin habe bei den Planungsleistungen aufgrund der Voraufträge geringen Aufwand gehabt.

Das OLG Naumburg folgt der Argumentation des Auftraggebers und verneint einen Anspruch der Architektin auf Geltendmachung der Mindestsätze. Zwar erteilt § 4 Abs. 1 HOAI ein grundsätzliches gesetzliches Verbot einer Mindestsatzunterschreitung. Einen Ausnahmefall gemäß § 4 Abs. 2 HOAI, welcher eine Mindestsatzunterschreitung zulasse, liege aber vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zwecks der Mindestsatzregelung das vereinbarte Pauschalhonorar angemessen sei. Das sei der Fall, wenn der Auftrag im Wesentlichen die Erstellung der Genehmigungsplanung nach standardisierten und aus Voraufträgen bekannten Vorgaben des Endkunden umfasse. Das Gericht legt im Einzelnen dar, dass der hier durch den Planungsauftrag verursachte Aufwand bei der Architektin für die Leistungsphasen 1 bis 4 erheblich unterdurchschnittlich gewesen war.

Hinweis
Während früher die Tendenz bestand, geringen Planungsaufwand nicht ohne weiteres als Begründung einer Mindestsatzunterschreitung zuzulassen, hat sich dies spätestens seit dem Urteil des BGH (Urt. v. 22.05.1997 - VII ZR 290/95) geändert. Schon ständige Geschäftsbeziehungen sollen ausreichen, eine Mindestsatzunterschreitung zu rechtfertigen (nach OLG Braunschweig , Urt. v. 24.08.2006). Hier wird insbesondere professionellen Auftraggebern die Möglichkeit einer ständigen Mindestsatzunterschreitung bei längerer Zusammenarbeit mit Planern bewusst gegeben.

Die neue HOAI 2009 übernimmt die Regelung des § 4 Abs. 2 HOAI 1996 wortgleich in den neuen § 7 Abs. 2. Die alte Rechtsprechung wird mithin auch in Zukunft gelten. Darüber hinaus enthält die HOAI 2009 in § 11 Abs. 3 eine Regelung, die wohl auf einem ähnlichen Gedanken beruht und in bestimmten Fällen sogar eine Halbierung des Planerhonorars ermöglichen soll:

  "Umfasst ein Auftrag Leistungen, die bereits Gegenstand eines anderen Auftrages zwischen den Vertragsparteien waren, so findet Abs. 2 für die Prozentsätze der beauftragten Leistungsphasen in Bezug auf den neuen Auftrag auch dann Anwendung, wenn die Leistungen nicht in zeitlichen oder örtlichen Zusammenhang erbracht sollen".

Abs. 2 lässt eine Minderung des Honorars für die erste bis vierte Wiederholung für die Leistungsphasen 1 bis 7 um 50 %, von der fünften bis siebten Wiederholung um 60 % und ab der achten Wiederholung um 90 % zu. Es ist absehbar, dass diese Vorschrift in Zukunft zu Auseinandersetzungen Anlass geben wird.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck