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Architekt übersieht Ausführungsfehler: Kann der in Haftung genommene Bauunternehmer Regress beim Architekten suchen?

Ist ein Baumangel auf einen Ausführungsfehler des Unternehmers zurückzuführen, den der Architekt im Rahmen seiner Bauaufsicht lediglich nicht erkannt hat, so ist davon auszugehen, dass den Unternehmer grundsätzlich die alleinige Haftung trifft; eine Ausnahme davon kann bei groben Überwachungspflichtverletzungen in Betracht kommen.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Sind neben dem Architekten noch weitere Beteiligte für einen Schaden verantwortlich, so bestimmt sich die Haftung eines jeden nach seinen ihn im Verhältnis zu den anderen treffenden Pflichten.

Zur Abgrenzung der Pflichten von Architekt und Bauunternehmer.
Beispiel
(nach OLG Koblenz , Urt. v. 25.06.2007 - 12 U 1435/05)
Ein Bauherr nimmt wegen eines Baumangels Architekt und Bauhandwerker in Haftung. Der Mangel stellt sich als Ausführungsfehler dar, den der Architekt im Rahmen seiner Bauaufsicht übersehen hat. Der Bauunternehmer begehrt gegenüber dem Architekten Freistellung von etwaigen Schadensersatzansprüchen des Bauherrn ihm gegenüber, der Architekt solle den Schaden alleine tragen.

Das OLG Koblenz weist den "Regressanspruch" des Bauunternehmers gegenüber dem Architekten zurück. Zwar sei im Hinblick auf den aufgetretenen Mangel wohl von einem Gesamtschuldverhältnis zwischen Architekten und Bauunternehmer auszugehen. Gesamtschuldner hafteten untereinander grundsätzlich gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zu gleichen Teilen. Allerdings müsse in jedem Einzelfall festgestellt werden, wen welche Haftungsquote treffe. Sei ein Baumangel auf einen Ausführungsfehler des Bauunternehmers zurückzuführen, den der Architekt im Rahmen seiner Bauaufsicht lediglich nicht erkannt habe, so sei davon auszugehen, dass den Bauunternehmer grundsätzlich die alleinige Haftung im Innenverhältnis treffe. Eine Ausnahme hiervon komme lediglich bei groben Überwachungspflichtverletzungen in Betracht; hier könne davon aber keine Rede sein.


Hinweis
Es gibt einige Oberlandesgerichte, die die gleiche Auffassung vertreten, wie das OLG Koblenz: bei einem Ausführungsfehler des Bauunternehmers und lediglich Überwachungsfehlers des Architekten hafte der Bauunternehmer im internen Verhältnis alleine (so zum Beispiel OLG Braunschweig, BauR 1991, 355, OLG Stuttgart BauR 2006, 1772). Es gibt sogar Stimmen, die selbst bei einem groben Überwachungsverschulden des Architekten von einer Alleinhaftung des Bauunternehmers ausging. Eine eindeutige Stellungnahme des BGH aus neuerer Zeit liegt hierzu nicht vor.

Zweifel an vorgenannten Ansichten dürften begründet sein. So hat der BGH im umgekehrten Fall eines Planungsfehlers des Architekten bei fehlender Bedenkenanmeldung durch den Bauunternehmer darauf hingewiesen, dass diese fehlende Bedenkenanmeldung durchaus auch im internen Ausgleich Gewicht haben kann (BGH Urteil vom 11.10.1990 – VII ZR 228/98, BauR 1991, 79). Nicht ohne weiteres erkennbar ist, warum das Ausführungsverschulden des Bauunternehmers das Überwachungsverschulden des Architekten derart überlagern soll, dass letzteres sozusagen völlig entfällt. Das häufig angeführte Argument, der Unternehmer habe kein Recht gegenüber dem Bauherrn, vom Architekten überwacht zu werden, kann zwar den Bauherrn vor einer Anrechnung eines Mitverschuldens des Architekten schützen, begründet aber nicht ohne weiteres eine völlige Freistellung des Architekten.  Hier wird die Rechtsprechung des BGH abzuwarten bleiben.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck