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Zwei Flügel eines Bettenhauses: zwei Gebäude?

Ob mehrere Objekte oder Bauwerke vorliegen, ist nach der funktionalen und konstruktiven Selbständigkeit der Bauteile zu beurteilen.

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Für jedes/jede Gebäude (ggf. Anlage) hat der Architekt sein Honorar gesondert zu ermitteln.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 19.09.2013 - 24 U 15/10; BGH, Beschluss vom 18.12.2014 -VII. ZR 273/13- nzB. zurückgewiesen)
Ein Planerbüro wird beauftragt mit einer umfangreichen Sanierung und einem Umbau eines Bettenhauses eines Hospitals. Bei einer späteren Honorarstreitigkeit geht es darum, ob sich der Planer die Minderungssätze des § 22 Abs. 2 HOAI 1996 anrechnen lassen muss, weil die beiden Flügel, wie der Auftraggeber behauptet, spiegelgleich seien.

Das Gericht stellt hierzu fest, dass erste Voraussetzung der Minderungsvorschrift nach § 22 Abs. 2 sei, dass beide Flügel jeweils getrennte Objekte darstellten. Vorstehendes sei aber gerade hier nicht der Fall. Ob mehrere Objekte oder Bauwerke im Sinne des § 22 HOAI 1996 vorlägen, entscheide sich nach der funktionalen und konstruktiven Selbständigkeit. Die funktionale Selbständigkeit sei danach zu beurteilen, ob eine Eigenfunktionalität des Bauteils gegeben sei. In diesem Zusammenhang komme es nicht auf die konkrete Nutzung und auf im Einzelfall bestehende Anbindung an andere Bauteile an; eine gemeinsame technische Ausrüstung von mehreren Bauteilen schließe das Vorliegen mehrerer Gebäude keineswegs aus. Bei der vorzunehmenden Gesamtschau sei zu berücksichtigen, ob gemeinsame Versorgungsanlagen, über die gemeinsame Trennwand hinausgehende gemeinschaftliche Bauteile oder eine konstruktive Verbundenheit vorliege. Für ein Gebäude spreche etwa, wenn einzelne Etagen über ein Treppenhaus, eine gemeinsame Heizung, eine gemeinsame Stromversorgung und eine gemeinsame Wasseranlage versorgt würden. Ebenso liege der Fall hier.

Hinweis
Gebäude, die durch einen Zwischenraum getrennt sind, stellen immer zwei Objekte im Sinne des § 22 Abs. 1 HOAI 1996 (bzw. § 11 HOAI 2009/2013) dar (vergleiche OLGMünchen, Urteil vom 16.01.1990).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck