https://www.baunetz.de/recht/Wirksamkeit_kumulativ_zu_berechnender_Vertragsstrafe__1072147.html


Wirksamkeit kumulativ zu berechnender Vertragsstrafe?

Die Regelung einer Vertragsstrafe von je 0,2% der Bruttoauftragssumme je Werktag kann auch bei Festlegung einer Höchstgrenze von 5% in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sein, wenn die Vertragsstrafe kumulativ sowohl für Verzug bei Beginn als auch Fertigstellung zu berechnen ist.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 6 und 7 schuldet der Architekt eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe.

Nach der Einholung und Prüfung von (mehreren) Angeboten ist insbesondere die Vorbereitung der Vertragsbedingungen haftungsträchtig.
Beispiel
(nach OLG Nürnberg , Urt. v. 24.03.2010 - 13 U 201/10)
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Werkvertrages (auch der Architektenvertrag ist ein Werkvertrag) sehen eine Vertragsstrafe bei Verzug auch nur eines der festgelegten Vertragstermine (u. a. Baubeginn und Fertigstellung) vor. Für jeden Werktag des Verzuges ist eine Vertragsstrafe von 0,2% der Bruttoauftragssumme begrenzt auf gesamt maximal 5% der Auftragssumme an den Auftraggeber zu zahlen. Der Auftraggeber zieht diese Vertragsstrafenregelung. Dagegen wehrt sich der Auftragnehmer. Er meint, dass die Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sei.
 
Der Unternehmer setzt sich mit dieser Ansicht durch. Zwar betrachtet die Rechtsprechung einen Tagessatz von 0,3% je Werktag noch als angemessen und fordert außerdem eine Obergrenze, die derzeit auch nach der Rechtsprechung mit 5% der Auftragssumme vereinbart werden dürfte. Tatsächlich ergibt sich allerdings aus der konkreten Vertragsstrafenregelung, dass die kumulative Berechnung zu einer viel früheren Verwirkung der Gesamtvertragsstrafe führt und praktisch betrachtet den Tagessatz (Werktag) auf 0,4% der Bruttoauftragssumme (bei 2 Terminen) verdoppelt. In relativ kurzer Zeit wäre dann die Obergrenze erreicht. Das ist nach Ansicht des Gerichtes unbillig und führt zur Unwirksamkeit der Regelung mit der Folge, dass Vertragsstrafe insgesamt nicht verwirkt ist.
Hinweis
Die Vertragsstrafe soll als Druckmittel dem Auftraggeber dazu dienen, den Schuldner zur ordnungsgemäßen Leistung anzuhalten. Regelmäßig soll die Vertragsstrafe nicht bereits nach einer relativ kurzen Verzögerung vollständig verwirkt sein. Das würde auch nicht dem Gedanken gerecht werden, dass sich der Auftraggeber ohne Einzelnachweis durch die Vertragsstrafe schadlos halten können soll. Von Architekten wird verlangt, dass sie grundsätzlich erkennen, ob eine Vertragsstrafenklausel wirksam ist, auch wenn die entsprechende Rechtsprechung durchaus auf Kritik stößt (siehe auch unter Formulierung einer wirksamen Vertragsstrafe im Bauvertrag: Neue Höchstgrenze 5%).

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck