https://www.baunetz.de/recht/Wie_weit_reicht_der_Beurteilungsspielraum_bei_der_Honorarzone__4609793.html


Wie weit reicht der Beurteilungsspielraum bei der Honorarzone?

Eine vertragliche Festlegung der Honorarzone durch die Parteien soll auch dann noch bindend sein, wenn die sachverständige Begutachtung das Objekt mit 1 – 2 Bewertungspunkten einer anderen Honorarzone zuordnet.

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Maßgebend sind hierbei die von der HOAI vorgegebenen Berechnungskriterien, u.a.:
- die Honorarzone.
Beispiel
(nach OLG Hamm , - Az 24 U 136/12; BGH Beschluss vom 25.06.2015 – VII ZR 35/15 - (NZB zurückgewiesen))
Bauherr und Architekt streiten sich um die Honorarzone für den Neubau eines Wohnhauses. In dem Vertrag hatten die Parteien Honorarzone III Mittelsatz vereinbart. Nachdem es zu Auseinandersetzungen mit dem Bauherrn kommt, verlangt der Architekt nunmehr das Mindestsatzhonorar nach Honorarzone IV. In dem Prozess erstellt ein Sachverständiger ein Gutachten über die Honorarzone. Eine Bewertung der Anforderungen an das Bauvorhaben nimmt der Sachverständige nach allen gängigen Bewertungstabellen vor. Hieraus bildet er dann einen Mittelwert. Dabei kommt er zu dem Ergebnis von 27 Bewertungspunkten, also knapp Honorarzone IV. Der Architekt sieht sich in seiner Argumentation bestätigt.

 

Das Oberlandesgericht Hamm urteilt aber anders. Auch wenn ein Bauvorhaben mit 27 %-Punkten zu bewerten und somit unter Zugrundelegung der Punktetabelle gem. § 11 Abs. 2 HOAI 1996 in die bei 27 Punkten beginnende Honorarzone IV einzuordnen sei, rechtfertige das alleine noch keine Nachberechnung des Honorars auf der Grundlage der Honorarzone IV Mindestsatz. Denn bei der Beantwortung der Frage, ob eine unzulässige Mindestsatzunterschreitung vorliege, sei ein den Parteien einzuräumender Beurteilungsspielraum zu berücksichtigen, der eine Abweichung von 1 – 2 %-Punkten zulasse. Das OLG Hamm beruft sich hierbei auf das Urteil des BGH vom 13.11.2003.

Hinweis
Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Unabhängig hiervon wird das Urteil kontrovers diskutiert.

Auch wenn die Entscheidung des OLG Hamm etwas schematisch anmutet, erscheint sie im Ergebnis richtig. Denn zu Recht hat der BGH in seinem zitierten Urteil den Parteien einen gewissen Beurteilungsspielraum eingeräumt. Für die Parteien ist zumindest in Grenzfällen nicht zu prognostizieren, wie später ein Sachverständiger über das Bauvorhaben im Hinblick auf die Honorarzone entscheiden könnte (Fakt dürfte auch sein, dass tatsächlich verschiedene Sachverständige auch verschieden entscheiden würden). Entsprechend ist es nur richtig, den Parteien die Möglichkeit in Grenzfällen einzuräumen, für sich selbst Rechtssicherheit zu schaffen und die Honorarzone so den Untersicherheiten eines späteren Gutachtens zu entziehen.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck