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Wer trägt Beweislast für ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb nach Kündigung?

Der Bauherr trägt die Beweislast für ersparte Aufwendungen, anderweitige Verwendung der Arbeitskraft oder deren böswilliges Unterlassen.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Besonderheiten ergeben sich, wenn es zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung kommt.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 21.12.2000 - VII ZR 467/99 -, BauR 2001, 666)
Ein Architekt war mit den Leistungsphasen 1-9 im Rahmen einer Modernisierung zweier Objekte beauftragt. Nach Einreichung der Genehmigungsplanung kündigten die Bauherren. Der Architekt macht u. a. rund DM 90.000,00 als Honorar für nicht erbrachte Leistungen geltend; bei der Berechnung des Betrages hat er bereits ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb berücksichtigt. Die Angaben des Architekten zu den ersparten Aufwendungen und zum anderweitigen Erwerb werden seitens der Bauherren bestritten.

Das OLG wies die Honorarklage des Architekten ab. Die im Architektenvertrag in den allgemeinen Vertragsbedingungen niedergelegte Pauschalierung der Vergütung für nicht erbrachte Leistungen in Höhe von 60 % sei unwirksam (vgl. unter Honoraranspruch / Beendigung: Kündigung mit und ohne wichtigen Grund Bauherr). Dem Architekten habe es daher oblegen, substantiiert vorzutragen, welche Arten Aufwendungen und welchen Erwerb er im einzelnen gehabt habe. Nachdem die Bauherren seinen Sachvortrag bestritten hatten, habe der Architekt seinen Vortrag unter Beweis stellen müssen. Dies sei nicht geschehen. Der BGH hebt das Urteil des OLG auf und weist den Rechtsstreit zurück. Richtig sei, dass der Architekt vorzutragen und zu beziffern habe, welche ersparten Aufwendungen und welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lasse. Fehlerhaft sei indessen die Auffassung des OLG, der Architekt trage hierfür auch die Beweislast. Für ersparte Aufwendungen, anderweitige Verwendung der Arbeitskraft oder deren böswilliges Unterlassen gem. § 649 II BGB trage nicht der Architekt, sondern der Bauherr die Beweislast.
Hinweis
Kündigungen von Architektenverträgen auch ohne wichtige Gründe haben in den letzten Jahren an Seltenheit verloren. Nachdem die Rechtssprechung die üblichen "60:40-Klauseln" jedenfalls weitgehend für unwirksam erklärt hat (vgl. Honoraranspruch / Beendigung: Kündigung mit und ohne wichtigen Grund Bauherr) und entsprechend die Verwendung dieser Klauseln auch nicht mehr ohne weiteres empfehlenswert ist (siehe hierzu Tips & Mehr / Honoraranspruch / 60 : 40-Klausel), ist es für Architekten bei der Berechnung ihres Honorars für nicht erbrachte Leistungen gem. § 649 II BGB von erheblicher Bedeutung, ersparte Aufwendungen und etwaigen anderweitigen Erwerb schlüssig und nachvollziehbar darzulegen. Insbesondere bezüglich der ersparten Aufwendungen kann dies umso leichter gelingen, je früher sich der Architekt klarmacht, welche Aufwendungen er für ein Projekt hat. Werden bestimmte Aufwendungen schon vor oder bei Vertragsschluss einem bestimmten Projekt zugeordnet und eine entsprechende Kalkulation erstellt, so dürften die entsprechenden Unterlagen i. d. R. für einen späteren Nachweis der ersparten Aufwendungen ausreichend sein.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck