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Wer ist Verwender von AGB (Einheitsarchitektenvertrag AVA), wenn beide Parteien die AGB wollen ?

Haben letztlich beide Vertragsparteien die Einbeziehung der Bestimmungen aus dem Einheitsformularvertrag tatsächlich einvernehmlich gewollt, dann ist keine der Parteien als "Verwender" zu sehen. Vielmehr sind all jene gemeinschaftlich "ausgehandelten Bedingungen" als Individualabrede einzustufen.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Sind Vertragsbestimmungen als sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, so sind sie auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Nach den Grundsätzen von Gesetz und Rechtsprechung ist das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu prüfen.
Beispiel
(nach LG Bayreuth , Urt. v. 24.11.2005 - 23 O 271/95)
Der Auftraggeber hat mit dem Architekten auf der Grundlage des Einheitsarchitektenvertrages (AVA) die stufenweise Erbringung der Grundleistungen der Leistungsphasen 1-9 des § 15 HOAI vereinbart.
Der Auftraggeber nimmt den Architekten infolge von Ausführungsfehlern der Bauunternehmen auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Bauleitung in Anspruch. Der Architekt beruft sich auf die vertragliche Regelung des AVA, u.a. Ausschluss der Haftung und Verjährung denkbarer Ansprüche aus fehlerhafter Bauleitung. Nach der Haftungsausschlussklausel in § 5 Ziffer 5.2 AVA haftet der Architekt für Schäden, für die auch ein Dritter einzutreten hat, nur in dem Umfang, in welchem er im Verhältnis zu dem Dritten (selbst) haftbar ist. Nach § 8 Ziffer 8.2 AVA beginnt die Verjährung mit der Erfüllung der einzelnen in Auftrag gegebenen Leistungsphasen für Fälle, in denen einem Architekten nur einzelne Leistungsphasen oder besondere Leitungen übertragen werden.

Das Landgericht gibt dem Architekten im Ergebnis recht. Eine Haftung des Architekten scheidet aus. Die Bestimmungen des Einheitsarchitektenvertrages (AVA) würden im vorliegenden Fall keine Allgemeine Geschäftsbedingungen einer der Parteien bilden und seien im Ergebnis wirksam vereinbart. Übereinstimmend hatten die Parteien im Rahmen der Vorgespräche erklärt, ein "vorgedrucktes Formular" im Sinne eines Mustervertrages für Architekten zu verwenden und dann einen Vertragsentwurf zu machen. Letztlich hätten die Parteien auch aus Sicht des Auftraggebers nur darüber diskutiert, wer diesen Mustervertrag besorgen solle. Trotz Verwendung des Formularvertrages habe es letztlich jeder Partei tatsächlich offengestanden, einzelne Passagen abzuändern. Nach dem Ergebnis der Parteivernehmung sei es lediglich eine Frage der technischen Handhabung gewesen, wer das Vertragsformular stellt. Demzufolge sei keine der Parteien als Verwender im Sinne des AGBG anzusehen. Diese Einschätzung werde noch bestärkt durch einen Brief des Auftraggebers an den Architekten, aus dem ersichtlich sei, dass beide Parteien offen über die "Vorentwürfe und eigenen Wünsche" verhandelt haben.
Hinweis
Unter dem Aspekt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen können die Regelungen des AVA unwirksam sein, wenn sie vom Architekten gestellt worden wären. Der Architekt wäre dann Verwender der Geschäftsbedingungen gewesen. Verwendet er Regelungen die im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen aus Sicht seines Vertragspartners unwirksam sind, geht das zu seinen Lasten. Stellt er Regelungen, die seinen Vertragspartner bevorteilen (unwirksam wären, wenn sein Vertragspartner sie gestellt hätte), dann hat er Pech gehabt, weil er eben selbst die ihn belastende Regelung gestellt hat. Nach dem BGH, Urteil vom 09.03.2006 - VII ZR 268/04 bleibt eine Vertragspartei Verwender, wenn sie der anderen Partei auch nur einzelne eigene Geschäftsbedingungen vorgibt, die die andere Partei in ihr Angebot aufnehmen muss.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck