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Welche Honorarbestandteile sind für die Prüfung einer Mindestsatzunterschreitung anzusetzen II ?

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 08.03.2012 - VII ZR 195/09)
Eine Generalplanerin beauftragt einen TGA-Planer für ein Hotelbauvorhaben mit Leistungen der technischen Gebäudeausrüstung. Es wird ein Pauschalhonorar in Höhe von DM 1 Million netto vereinbart. Später klagt der TGA-Planer ein von ihm ermitteltes darüber liegendes Mindestsatzhonorar ein.
 
Das OLG München weist die Klage ab mit der Begründung, die anrechenbaren Kosten aller Anlagengruppen gemeinsam lägen über dem Honorartafelhöchstwert zu § 74 Abs. 1 HOAI, weshalb eine freie Honorarvereinbarung möglich sei, § 16 Abs. 3 HOAI; die Honorarvereinbarung könne auch unterhalb des Mindestsatzes für den höchsten Tafelwert liegen (vgl. auch KG Berlin , Urt. v. 23.05.2000 - 21 U 6657/98). 

Der BGH korrigiert das Oberlandesgericht zunächst im Hinblick auf die Ermittlung des Mindestsatzes: die Frage, ob die anrechenbaren Kosten oberhalb des Honorartafelhöchstwertes lägen, sei für jede Anlagengruppe, § 68 HOAI getrennt zu ermitteln, § 69 Abs. 1 HOAI. Hiernach ergäbe sich, dass die anrechenbaren Kosten im Hinblick auf zwei der drei hier einschlägigen Anlagengruppen unterhalb der Tafelhöchstwerte liege, im Hinblick auf die dritte Anlagengruppe lediglich gemäß Kostenberechnung für die Leistungsphasen 1 bis 4 sowie gemäß Kostenfeststellung für die Leistungsphasen 8 und 9 oberhalb der Tafelhöchstwerte. Unter Berücksichtigung dieser Feststellung kommt der BGH zu dem Schluss, dass das Pauschalhonorar von DM 1 Million den hier für den gesamten Auftrag zu ermittelnden Mindestsatz nicht unterschreite. Der BGH ermittelt den Mindestsatz für die preisgebundenen Leistungen nämlich  
  • für die Anlagengruppe 1
  • für die Anlagengruppe 3
  • für die Anlagengruppe 2 betreffend der Leistungsphasen 5 bis 7 gemäß Kostenanschlag.
 
Das Gesamthonorar für vorstehend ermittelte Mindestsätze unterschritt das DM 1 Million Pauschalhonorar um rund DM 27.000,00. Dass die verbleibenden DM 27.000,00 weit unterhalb des Mindestsatzes für den Honorartafelhöchstwert betreffend der Leistungsphasen 1 bis 4 sowie 8 und 9 zurückbleibt, hindere das Ergebnis – so der BGH – nicht.
Hinweis
Die Entscheidung weist in die gleiche Richtung wie die Entscheidung des BGH, Urt. v. 09.02.2012 - VII ZR 31/11. Gleichwohl erscheint sie – zumindest in der Begründung – zweifelhaft.

Es stellt sich nach Ansicht des Verfassers mindestens die Frage, ob der BGH nicht im Hinblick auf die Pauschalhonorarvereinbarung einmal den Willen der Parteien im Rahmen einer Auslegung hätte erforschen müssen. Denn könnte der Fall genauso entschieden werden, wenn die Parteien bei der Ermittlung des Pauschalhonorars in Höhe von DM 1 Million auf die drei verschiedenen Anlagengruppen bestimmter Beträge in Ansatz gebracht hätten, z. B. jeweils 1/3? Wäre dem so gewesen, so hätte der BGH nach diesseitiger Ansicht für die nicht preisgebundene Leistung zunächst 71 % (Lph 1 - 4 und 8, 9) von rd. DM 333.000,00 abhalten müssen, um dann zu ermitteln, ob der Restbetrag von rd. DM 666.000,00 noch den Mindestsatz für die Anlagengruppen 1 und 3 erreicht (was er nicht tat). Dann vielleicht hätte man noch weiter darüber nachdenken können, ob sich der TGA-Planer den Anteil des für die nicht preisgebundenen Leistungen vereinbarten Honorars, soweit dieser über den Mindestsätze liegt, hätte anrechenen lassen müssen.

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