https://www.baunetz.de/recht/Welche_Aufwendungen_koennen_vom_Architekten_verlangt_werden_wenn_ein_vom_Architekten_zu_vertretender_Mangel_erst_nach_Entstehen_von_Aufwendungen_erkannt_wird__4002731.html


Welche Aufwendungen können vom Architekten verlangt werden, wenn ein vom Architekten zu vertretender Mangel erst nach Entstehen von Aufwendungen erkannt wird?

Sind die vom Auftraggeber ergriffenen Maßnahmen zur Beseitigung eines Mangels objektiv erforderlich, kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber den Mangel vor Ausführung der Mängelbeseitigung erkannt hat.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei wichtigen und kritischen Arbeiten.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 10.07.2014 - VII ZR 55/13)
Der Bauherr hat konkrete Vorstellungen für die Errichtung seines Einfamilienhauses. Der Architekt rät ihm davon ab, weil nach Ansicht des Architekten die Vorstellungen genehmigungsrechtlich nicht realisierbar sind. Daraufhin wird der Vorschlag des Bauherrn verworfen und ein anderes Gebäude errichtet. Es stellt sich heraus, dass die Beratung des Architekten fehlerhaft war. Das vom Bauherrn ursprünglich gewünschte Gebäude hätte doch errichtet werden können. Der Bauherr lässt daraufhin das gesamte Gebäude abreißen. Dabei stellt er fest, dass die Sohlplatte nicht die geschuldete Qualität aufweist. Der Architekt hält dem entgegen, dass in dem Fall die bereits begonnenen und im wesentlichen entstandenen Aufwendungen durch einen solchen Mangel nicht verursacht seien, weil dem Bauherrn dieser Mangel erst danach aufgefallen sei.

 

Damit setzt sich der Architekt nicht durch. Der Schadensersatzanspruch des Bauherrn könne nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es fehle an der Ursächlichkeit der Mangelhaftigkeit der Sohlplatte für die vom Bauherrn aufgewendeten Kosten, weil der Bauherr diesen Mangel erst nach Abriss des Gebäudes festgestellt habe. Die Kausalität zwischen einem Überwachungsfehler des Architekten, der zu einem Mangel des Bauwerks geführt hat, und dem Schaden, der dem Auftraggeber in Gestalt der zur Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen entsteht, ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Sind die vom Auftraggeber ergriffenen Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels objektiv erforderlich, kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber den Mangel vor der Ausführung der Mängelbeseitigung erkannt hat.

Hinweis
Das Urteil zeigt im Übrigen auch auf, dass den allgemein anerkannten Regeln der Technik eine besondere Bedeutung zukommt, wenn keine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt. Sofern nicht ein anderer Standard vereinbart worden ist, sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik als Mindeststandard geschuldet. Der Auftraggeber muss sich nicht mit weniger begnügen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck