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Wann trifft den Bauherrn ein Mitverschulden an einer nichtgenehmigungsfähigen Planung?

Selbst bei einer unterstellten fahrlässigen Mitverursachung eines Schadens durch den Bauherrn ist unter Abwägung der Verschuldensanteile zu prüfen, ob dem Bauherrn ein Mitverschulden i.S.d. § 254 BGB anzurechnen ist.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben aufgrund eines Mitverschuldens des Bauherrn.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 18.12.2009 - 23 U 187/08)
Ein Architekt plant einen Anbau. Seine Planung unterschreitet den Mindestabstand zur Nachbargrenze von 3 m. Eine bereits früher erteilte Nachbarzustimmung greift aufgrund von Veränderung des Vorhabens nicht. Aufgrund der Unterschreitung der Abstandsfläche und der fehlenden Nachbarzustimmung wird eine erteilte Genehmigung später durch das zuständige Bauaufsichtsamt aufgehoben, auf eine Abrissverfügung hin soll der Anbau rückgebaut werden. Die Bauherren nehmen den Architekten in Haftung. Dieser argumentiert, die Bauherren hätten versucht, auf ihn und die Genehmigungsbehörde dahingehend einzuwirken, dass eine Kontaktaufnahme gegenüber dem Nachbarn zur Einholung einer erneuten Zustimmung unterbleibe; sie trügen daher jedenfalls eine Mitschuld.

Das OLG Düsseldorf weist den Bauherrn ein Mitverschulden nicht zu (anders der BGH, der das Urteil des OLG Düsseldorf in der Revisionsinstanz aufgehoben hat - VII ZR 8/10). Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichte, schulde als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Selbst bei einer unterstellten fahrlässigen Mitverursachung des Schadens durch den Bauherrn sei unter Abwägung der Verschuldensanteile zu prüfen, ob dem Bauherrn ein Mitverschulden i.S.d. § 254 BGB anzurechnen sei. Den Architetekten treffe hier der weit überwiegende Verusachungs- und Verschuldensanteil, da er in seiner Funktion als Architekt die Genehmigungsunterlagen ohne Nachbarzustimmung beim Bauaufsichtsamt eingereicht habe. Selbst unterstellt, die Bauherrn hätten versucht, auf den Architekten und die Genehmigungsbehörde dahingehend einzuwirken, dass eine Kontaktaufnahme gegenüber dem Nachbarn zur Einholung einer erneuten Zustimmung unterbleibe, würde dies Verhalten hinter dem überwiegenden Verschulden des Architekten zurücktreten.
Hinweis
Das Instrument der Mitschuld gem. § 254 BGB, wird in der Rechtsprechung und auch gerade betreffend von Bauherrn kaum angewandt. Wenn der Architekt eine Enthaftung seiner Person nicht herbeiführen kann (vgl. Parallelbesprechung zu diesem Urteil) haftet er regelmäßig zu 100 %. Der tatsächlichen Fallgestaltung wird diese Verteilung meines Erachtens  häufig nicht gerecht.

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