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Wann sind Planungsänderungsleistungen zur Kompensation von Mehrkosten kostenlos zu erbringen?

Haben die Parteien eine Baukostenobergrenze vereinbart und äußert der Auftraggeber Änderungswünsche, die zu Mehrkosten führen, ohne dass die Baukostenobergrenze angehoben werden soll, so ist der Architekt nach Ansicht des OLG Stuttgart zu einer „Kompensation-Umplanung“ kostenlos verpflichtet.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ein nach wie vor umstrittenes Thema ist die Berechtigung des Architekten, für Mehrleistungen Honorar zu verlangen.

Als Mehrleistung kommen auch Planungsänderungen in Betracht.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 28.11.2017 - 10 U 68/17)
Ein Architekt wird mit Architektenleistungen für ein Wohngebäude beauftragt. Die Parteien vereinbaren eine Kostenobergrenze. Später (wohl im Rahmen der Genehmigungs- oder Ausführungsplanung) äußert der Bauherr den Wunsch, für ein zweites Schlafzimmer im Obergeschoss. Eine Anhebung der Kostenobergrenze soll damit aber nicht verbunden sein. Nachdem der Architekt auch nach entsprechender Fristsetzung eine Planung, die Kostenobergrenze nach seinen Angaben einhält, nicht vorlegt, kündigt der Bauherr. In dem späteren Rechtsstreit argumentiert der Architekt, angesichts des Änderungswunsches für die für das erste Obergeschoss läge ein wichtiger Grund für den Bauherren zur außerordentlichen Kündigung nicht vor.

Das Oberlandesgericht Stuttgart sieht dies anders und erachtet die außerordentliche Kündigung als berechtigt. Dass der Bauherr Mehrwünsche im Hinblick auf die 1. Etage angemeldet habe, sei unerheblich. Mangels vorliegenden Einverständnisses mit einer Anhebung der vereinbarten Kostenobergrenze hätte der Architekt die durch die Mehrwünsche entstehenden Kosten planerisch durch eine weniger teure Ausführung der anderen Teile des Baus kompensieren müssen. Eine solche Planung habe auch kostenlos erbracht werden müssen.
Hinweis
Das Urteil ist jedenfalls in diesem Punkt falsch.

Zunächst einmal ist zu unterscheiden zwischen derjenigen Planungsänderungsleistung, die erforderlich ist, um das zweite Schlafzimmer im 1. Obergeschoss zu planen, und derjenigen, die erforderlich ist, die höheren Kosten zu kompensieren. Das Urteil verhält sich – soweit ersichtlich – nur zu letzteren, d.h. zu der Planungsänderung betreffend die Kompensation der Mehrkosten. Das OLG Stuttgart meint, da die HOAI keine Zahl der vom Architekten zu erarbeitende Konzeptvarianten nenne, müsse er unter Umständen eine Vielzahl von Abwandlungen im Rahmen des unverändert gebliebenen Programmziels erstellen, bis Einigkeit über die beste Lösungsmöglichkeit erzielt werde. Schon der Ausgangspunkt ist hier nicht richtig, denn die HOAI sieht Varianten (bei gleichen Anforderungen) als Grundleistung nur bis zur Leistungsphase 2 vor (bei unterschiedlichen Anforderungen ohnehin eine besondere Leistung); allgemeine Ansicht ist entsprechend, dass ab Leistungsphase 3 keine Varianten (bei gleichen Anforderungen) mehr geschuldet werden. Hier erfolgten die Umplanungsleistungen nach einer Änderungsanordnung bereits in der Leistungsphase 4 oder 5. Soweit insoweit also die Entwurfsplanung oder sogar die Ausführungsplanung anzupassen war, darf der Architekt hier für wiederholte Grundleistungen allerdings ein Mehrhonorar verlangen (vgl. heute auch halbwegs klargestellt in § 10 Abs. 2 HOAI 2013). Das heisst, sowohl die Planungsänderungsleistungen für das zweite Schlafzimmer im 1. OG als auch etwaige „Kompensations-Planungsänderungen“ sind für den Architekten zusätzlich zu vergüten.

Eine kostenlose Kompensationsplanung schuldet der Architekt (wohl nach derzeit herrschender Ansicht) nur, wenn er die Einhaltung einer Kostenobergrenze verspricht, diese dann aber durch seine Planung - unter Herausrechnung etwaiger auf Bauherrnwunsch entstandener Zusatzkosten - überschreitet.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck