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Wann schuldet der Architekt eine Wohnflächenberechnung?

Sieht die Bauvorlagenverordnung eines Bundeslandes eine Wohnflächenberechnung nicht als Bestandteil des Bauantrages vor, so schuldet ein Architekt eine Wohnflächenberechnung nur bei entsprechender Vereinbarung.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Für die Frage, ob den Architekten eine Haftung treffen kann, ist zunächst die geschuldetete Leistung, d.h. der Umfang der Pflichten des Architekten zu ermitteln.
Beispiel
(nach OLG Jena , Urt. v. 08.04.2004 - 1 U 438/03; BGH, Beschluss v. 21.07.2005 - VII ZR 106/04 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Ein Bauherr beauftragt einen Architekten für ein Sanierungsvorhaben in Thüringen mit den Leistungsphasen 1 bis 4 sowie als besondere Leistungen Bestandserfassung und Anfertigung von Bestandsplänen. Der Bauherr beabsichtigt den Vertrieb von Eigentumswohnungen nach Teilung. Der Architekt fertigt die Bestandspläne mit Flächenangaben, die allerdings den Anforderungen an eine Wohnflächenberechnung (nach Wohnflächenberechnungsverordnung bzw. DIN 283) nicht genügen. Ohne Kenntnis des Architekten verwendet der Bauherr die Flächenangaben in den Bestandsplänen für die Teilungserklärungen und Kaufpreiskalkulationen. Den ihm hierdurch entstehenden Schaden macht er gegen den Architekten geltend.

Die Klage des Bauherrn wird in allen Instanzen abgewiesen. Ausgangsfrage ist, ob der Architekt eine Wohnflächenberechnung geschuldet hatte. Dies ist anhand der vertraglichen Vereinbarungen zu prüfen. Hier hatte der Bauherr den Architekten mit der Genehmigungsplanung für ein Bauvorhaben in Thüringen beauftragt. Die thüringische Bauvorlagenverordnung verlangt die Vorlage einer Wohnflächenberechnung nicht (ebenso wie beispielsweise in NRW, allerdings anders andere Landesbauvorlagenverordnungen). Auch aus den übrigen vertraglichen Vereinbarungen ergebe sich keine Pflicht des Architekten zur Erstellung einer Wohnflächenberechnung. Die Vereinbarung der Bestandserfassung sowie Bestandspläne begründen für den Architekten nicht die Pflicht, eine Wohnflächenberechnung vorzunehmen. Die Bestandserfassung und Bestandspläne dienen der Vorbereitung der Sanierungsmaßnahmen, nicht aber der Vermarktung von Eigentumswohnungen.
Hinweis
In Einzelfällen kann allerdings der Architekt verpflichtet sein, darauf hinzuweisen, dass beauftragte Leistungen – hier Bestandspläne – den Zwecken, zu denen der Bauherr sie verwenden will – hier als Wohnflächenberechnung – nicht genügen. Eine solche Pflicht kann allerdings natürlich nur dann begründet werden, wenn der Architekt von der beabsichtigten Verwendung durch den Bauherrn weiß. Dies war vorliegend nicht der Fall.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck