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Wann muss Architekt auf fehlende Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens hinweisen?

Ein Architekt hat regelmäßig die finanziellen und wirtschaftlichen Interessen und Kostenvorgaben des Bauherrn zu berücksichtigen; er ist allerdings nicht ein allgemeiner Wirtschafts- und Finanzberater des Bauherrn und nicht ohne weiteres verpflichtet, den Bauherrn zur wirtschaftlichen Überprüfung von – auch subjektiv geprägten – Entscheidungen im Rahmen eines geplanten Umbaus einer älteren Immobilie zu drängen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Der Architekt ist in seiner Funktion als Sachwalter des Bauherrn diesem gegenüber zur umfassenden Beratung und Aufklärung während des gesamten Vertragsverhältnisses verpflichtet.

Eine Pflicht zur Beratung über steuerliche und wirtschaftliche Aspekte des Bauvorhabens obliegt dem Architekten allerdings nur in Ausnahmefällen.

Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 22.01.2008 - 23 U 88/07)
Der Bauherr hat ein 35000 qm großes Seegrundstück mit einem schlossartigen Altbau mit ca. 480 qm Nutzfläche erworben. Er will dort zu einem späteren Zeitpunkt mit seiner Familie einen neuen Lebensmittelpunkt finden. Ein Architekt wird beauftragt, notwendige Maßnahmen für eine Sanierung zu klären. Der Architekt fertigt mehrere Entwürfe. Aufgrund der alten Bausubstanz sehen diese unter anderem die Erneuerung der kompletten Außenwände im Erdgeschoss sowie des Daches vor. In einer vorläufigen überschlägigen Kostenschätzung beziffert der Architekt die Sanierungskosten auf € 1,5 Mio. zzgl. Nebenkosten und Mehrwerststeuer.

Als es zum Streit über das Honorar des Architekten kommt, wirft der Bauherr dem Architekten vor, ihn nicht über die fehlende Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme aufgeklärt zu haben. Aufgrund der mäßigen Lage des Grundstückes sei für das Objekt nach durchgeführter Sanierung maximal ein Preis von rund € 1,0 Mio. zu erzielen. Aufgrund der Verletzung der Aufklärungspflicht stehe dem Bauherrn ein Schadenersatzanspruch zu, der den Honoraranspruch zumindest entfallen lasse.
 
Das OLG Düsseldorf weist die Argumentation des Bauherrn zurück und gibt der Honorarklage des Architekten statt. Auch wenn ein Architekt regelmäßig die finanziellen und wirtschaftlichen Interessen sowie Kostenvorgaben des Bauherrn zu berücksichtigen habe, sei er nicht ohne weiteres verpflichtet, den Bauherrn zur wirtschaftlichen Überprüfung von stark subjektiv geprägten Entscheidungen zu drängen. Das Gericht stellt zunächst fest, dass dem Architekten seitens des Bauherrn keine Kostenvorgabe gemacht worden sei. Er stellt sodann heraus, dass bereits der Kauf, aber auch das Umbauvorhaben stark von subjektiven Interessen des Bauherrn geprägt worden sei; es handele sich hier nicht um ein Renditeobjekt sondern um ein Gebäude, dass zum zukünftigen Lebensmittelpunkt der Familie werden sollte.
Hinweis
Das Urteil wird für diesen konkreten Fall wohl angemessen sein. Planer sollten sich gleichwohl davor hüten, ihre Aufmerksamkeit im Hinblick auf Beratung des Bauherrn in wirtschaftlicher Hinsicht „herunterzufahren“. Das Finanzielle prägt (wie alles andere auch) heutige Bauvorhaben. Bei Renditebauvorhaben ist deshalb die Wirtschaftlichkeit ohnehin immer im Auge zu behalten (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1975). Aber auch bei privaten Bauvorhaben sollte der Planer immer wirtschaftliche Aspekte im Auge behalten. Ein Planer wird sicherlich nicht verpflichtet sein, immer eine parallele Verkehrswertermittlung vorzunehmen; trotzdem dürfte der Wiederverkaufswert in der Regel auch für den Bauherrn eine Rolle spielen. Gleiches gilt auch für die Frage, ob ein Neubau nicht einem Umbau vorzuziehen wäre.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck