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Wann können bei TGA-Planung mehrere Anlagen getrennt abgerechnet werden ?

Für die Frage, ob mehrere Anlagen im Sinne von § 69 VII, 22 HOAI vorliegen, kommt es darauf an, ob die Anlagenteile nach funktionellen und technischen Kriterien zu einer Einheit zusammengefasst sind; nicht entscheidend ist, ob die Leistung für mehrere Gebäude erfolgt (vgl. auch unter WEITERES)
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Für jedes/jede Gebäude (ggf. Anlage) hat der Architekt sein Honorar gesondert zu ermitteln.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 24.01.2002 - VII ZR 471/00 -, BauR 2002, 817)
Ein Planungsbüro für technische Gebäudeausrüstung erbrachte Ingenieursleistungen für die Sanierung einer Villa sowie eines Wirtschaftsgebäudes nebst Musikpavillion, Kegelpavillion, Gewächshaus, Bootshaus und Außenanlagen. Das Büro rechnet seine Leistungen getrennt für die Villa einerseits und das Wirtschaftsgebäudes einschließlich aller Nebengebäude andererseits ab. Es begründet dieses Vorgehen u.a. damit, dass die Anlagen den – unstreitig – verschiedenen Gebäuden (i.S.d. HOAI) zugeordnet seien. Der Bauherr erkennt im Prozess das Honorar der TGA-Planer in einer Höhe an, wie er sich bei einer einheitlichen Abrechnung der Leistungen für alle Gebäude des Komplexes ergeben würde.

Das Berufungsgericht (KG Berlin) war der Argumentation der TGA-Planer gefolgt. Zwar gebiete es die Verweisung in § 69 VII HOAI, den Begriff „Gebäude“ in § 22 I HOAI durch den Begriff „Anlagen“ i.S.d. § 68 HOAI zu ersetzen. Gleichwohl müsse der in § 68 HOAI verwendete Anlagenbegriff dem Gebäudebegriff folgen. Daraus ergebe sich, dass auch der Sonderfachmann seine Leistungen getrennt abrechnen dürfe, wenn er Anlagen für real selbständige Gebäude mit verschiedenen Konstruktionen geplant habe.

Der BGH ist anderer Ansicht und hebt das Urteil auf. Als Maßstab für die Beurteilung der Einheitlichkeit von Gebäuden gelte, dass mehrere Gebäude vorliegen, wenn diese verschiedenen Funktionen zu dienen bestimmt seien und sie vor allem unter Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit je für sich genommen betrieben werden könnten. Übertragen auf den Bereich der technischen Gebäudeausrüstung bedeute dies, dass mehrere Anlagen nur dann vorlägen, wenn sie getrennt an das öffentliche Netz angeschlossen und allein betrieben werden könnten. Dagegen komme es grundsätzlich nicht darauf an, ob die Leistungen für mehrere Gebäude erbracht worden seien. Das zeige sich schon daran, dass eine einheitliche Anlagen, wie die etwa einer Heizungsanlage nicht deshalb honorarrechtlich in mehrere Anlagen aufgeteilt werden kann, weil sie mehrere Gebäude versorgt. Umgekehrt sei auch einleuchtend, dass mehrere Anlagen in einem Gebäude honorarrechtlich nicht als eine Anlage eingeordnet werden könnten, wenn sie verschiedenen Funktionen zu dienen bestimmt seien. Die Beurteilung des Honorars eines Ingenieurs sei somit entscheidend, ob die Anlagenteile nach funktionellen und technischen Kriterien zu einer Einheit zusammengefasst seien.
Hinweis
Nach allgemeiner Ansicht ist für eine Beurteilung, ob ein oder mehrere Gebäude (ein oder mehrere Anlagen) vorliegen, eine Auslegung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände vorzunehmen. Hierzu können beispielsweise konstruktive Belange, gestalterische Belange, einheitliche Versorgung, verbindende Bauelemente, ähnliche oder unterschiedliche Nutzung oder einheitliche Funktionalität gezählt werden. Letztlich wird die Frage auch unter Berücksichtigung der honorarrechtlichen Auswirkungen (z.B. höheres Honorar für den Architekten bei verschiedenen Gebäuden, niedrigeres Honorar gem. § 22 HOAI, vgl. auch hierzu unter HINWEIS bei Honoraranspruch / .. / gemeinsame Bodenplatte und Tiefgarage) zu entscheiden sein. Insoweit hat der BGH wohl richtigerweise hervorgehoben, dass durch das Trennungsprinzip erreicht werden solle, dass ein Architekt, der auf Grund eines Auftrages mehrere Gebäude für einen Vertragspartner plant, bei der Abrechnung nicht schlechter gestellt wird, als wenn er dieselben Leistungen für verschiedene Bauherrn erbringen würde.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck