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Wann ist eine Baukostenvereinbarung zu unbestimmt?

Wird eine in der Kostenobergrenze enthaltene Kostengruppe (hier KG 400) ohne Bezifferung aus dem Verantwortungsbereich des Architekten herausgenommen, lässt sich nach Ansicht des LG Karlsruhe die einzuhaltende Kostenobergrenze nicht bestimmen, so dass die Vereinbarung inhaltslos ist.




Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Haben die Vertragsparteien eine verbindliche Kostenobergrenze vertraglich vereinbart, so entfallen i.d.R. die dem Planer sonst gewährten Toleranzrahmen.

Beispiel
(nach LG Karlsruhe , Urt. v. 10.08.2018 - 10 O 569/16)
In einem Architektenvertrag wird für das Vorhaben eines Bauträgers vereinbart:
 
Es wird eine Kostenobergrenze für die Kostengruppen 300, 400 und 500 (nur Freifläche ohne Grünzug) der DIN276, Fassung Dezember 2008 von brutto Euro 45.000.000,00 vereinbart. Für die 400er-Kosten sind die beauftragten Fachingenieure verantwortlich, siehe Punkt 2.2..
 
Die Baukostenobergrenze wird erheblich überschritten. Der Bauträger nimmt den Architekten in Haftung.
 
Das LG Karlsruhe weist die Schadensersatzklage gegen den Architekten ab. Eine verbindliche Vereinbarung zur Obergrenze für die Kosten der Kostengruppe 300, 400 und 500 sei nicht vereinbart worden. Von einer Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 633 BGB, die das geschuldete Werk des Architekten beschreibt, könne nur dann ausgegangen werden, wenn die Parteien eine verbindliche Grenze für die Kosten festgesetzt hätten, deren Einhaltung in der Verantwortung des Architekten gestanden hätte. Jedoch hätten die Parteien ausdrücklich die Kosten der Kostengruppe 400 in die Verantwortung der beauftragten Fachingenieure gegeben, wobei unstreitig mit diesen Fachingenieuren keine Kostenobergrenze vereinbart wurde. Nachdem die Parteien die Kosten der Kostengruppe 400 von der Verantwortung des Architekten ausgenommen hätten, sei aber nicht bestimmbar, welche Kostenobergrenze für die in der Verantwortung des Architekten verbleibenden Kostengruppen 300 und 500 gelten solle. Die Vereinbarung habe damit keinen nachvollziehbaren Regelungsinhalt.
 
Hinweis
Das Urteil wirft Fragen und Zweifel auf. In Architektenverträgen werden regelmäßig Kostenobergrenzen vereinbart, die auch die Kostengruppe 400 umfassen. Dabei ist allen Beteiligten in der Regel klar, dass der Architekt für die Kostengruppe 400 allenfalls mittelbar, jedenfalls nicht vollständig alleine verantwortlich ist. Entsprechende Vereinbarungen wird man dann möglicherweise dahin auslegen können, dass dem Architekten im Hinblick auf eine Pflichtverletzung jedenfalls ein Entlastungsnachweis offensteht, dass die Kostenüberschreitung nicht auf seine Leistungen, sondern auf die Leistungen der Fachingenieure zurückgeht (ähnlich wie dem Architekten der Entlastungsnachweis offensteht, dass die Kostenobergrenze aufgrund später geäußerter Zusatzwünsche überschritten wurde). Entsprechend käme auch zu der hier gegenständlichen Baukostenvereinbarung eine Auslegung in Betracht, dass der Architekt an die Kostenobergrenze gebunden ist, es ihm aber (selbstverständlich) offensteht, nachzuweisen (oder mit Beweispflicht des Bauherrn vorzutragen), dass eine Überschreitung im Bereich der Kostengruppe 400 und im Verantwortungsbereich der Fachingenieure TGA stattfand.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck