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Wärmedämmarbeiten: Intensive Beaufsichtigung erforderlich?

Nach Ansicht des Kammergerichtes Berlin ist ein bauleitender Architekt im Rahmen eines Dachausbaus verpflichtet, die Einbringung der Wärmedämmung selbst oder durch einen zuverlässigen Mitarbeiter zu überwachen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei wichtigen und kritischen Arbeiten.
Beispiel
(Urt. v. 11.11.1999 - 4 U 5624/98 -, NJW RR 2000, 756)
Bei einem Dachausbau wurde ein Architekt mit der Objektüberwachung beauftragt. Nach Fertigstellung stellte sich heraus, dass die Wärmedämmung der Dachflächen, Dachschrägen, Abseitenwände und der jeweiligen Dach- und Deckenanschlüsse mehrerer im Rahmen des Bauvorhabens ausgebauter Dachgeschosswohnungen nicht an allen Stellen gem. den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik hergestellt worden waren; teils war unterhalb der Dachflächenfenster überhaupt keine Wärmedämmung eingebaut und generell die innere Dampfbremsfolie und Windsperre nicht luftdicht an die Decke unter dem Dachgeschoss angeschlossen worden. Der Bauherr nimmt den Architekten wegen Überwachungsverschulden in Anspruch.

Nach Ansicht des Kammergerichtes Berlin (s. auch unten Hinweis) steht eine Verletzung der Überwachungspflichten des Architekten fest. Der Architekt habe die Verpflichtung, das Bauwerk frei von Mängeln entstehen zu lassen und hierzu das ihm Zumutbare beizutragen. Die Bedeutung der Aufgabe ergäbe sich auch aus dem großen Anteil des Gesamthonorars (31 %). Richtig sei, dass die ständige Anwesenheit des Architekten auf der Baustelle nicht unbedingt nötig sei. Bei einfachen und gängigen Arbeiten könne er sich regelmäßig auf die Zuverlässigkeit der Bauausführung verlassen, wenn er nicht Anlass zur besonderen Kontrolle habe. Die Bauaufsicht durch den Architekten oder einen zuverlässigen Mitarbeiter sei hingegen stets erforderlich, wenn es sich um wichtige Bauvorgänge handele, welche für die Erreichung der Bauaufgabe von wesentlicher Bedeutung seien. Dies habe für Arbeiten an der Wärmedämmung des Daches zu gelten. Eine unzureichende Wärmedämmung führe regelmäßig zu erheblichen Energieverlusten und nicht selten zum Einfrieren von Rohrleitungen. Die Wärmedämmung sei beim Dachgeschossausbau von ausschlaggebender Bedeutung.
Hinweis
Die Ansicht des KG, Wärmedämmarbeiten seien den schwierigen, in Anwesenheit zu überwachenden Gewerken zuzurechnen und nicht den einfachen handwerklichen Arbeiten, erscheint bedenklich. Tatsächlich sind normale Wärmedämmarbeiten weder besonders schwierig noch besonders schadensanfällig. Danach kann man mit guten Argumenten vertreten, dass Wärmedämmarbeiten jedenfalls grundsätzlich eben nicht in Anwesenheit des Architekten zu überwachen sind. Fraglich bleibt aber, ob hier dem Architekt nicht wenigstens hätte auffallen müssen, dass teilweise überhaupt keine Wärmedämmung eingebaut worden war.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck