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Vollzeitanstellung als Ingenieur in Aktiengesellschaft: Streichung aus der Liste der beratenden Ingenieure?

Wer in eine Aktiengesellschaft als Ingenieur vollzeit angestellt beschäftigt sowie daneben geschäftsführender (Mit-)Gesellschafter einer GmbH ist, die sich mit der Erschließung und Bebauung privater Grundstücke befasst, und nur "im Übrigen" selbstständig Ingenieuraufgaben wahrnimmt, übt seinen Beruf nach Ansicht des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes nicht "unabhängig und eigenverantwortlich" aus und ist daher aus der Liste der beratenden Ingenieure zu streichen.
Hintergrund
Das Berufs- und Standesrecht befasst sich mit Vorschriften und Bedingungen, die den Rahmen für die Berufsausübung des Architekten bilden.

Die jeweiligen Landesarchitektengesetze schützen die Berufsbezeichnung der Architekten.
Beispiel
(nach OVG Lüneburg , Urt. v. 05.03.2007 - 8 LA 174/06 –)
Ein Ingenieur wehrt sich gegen seine Streichung aus der Liste der beratenden Ingenieure. Der Ingenieur ist Vollzeit und hauptberuflich beschäftigt bei der VW-AG; er ist dort als Ingenieur in der Bauabteilung mit der Planung von Anlagentechnik befasst. Darüber hinaus ist er noch geschäftsführender (Mit-)Gesellschafter einer GmbH, deren Unternehmenszweck die Erschließung und Bebauung privater Grundstücke ist.

Das Gericht bestätigt die Streichung aus der Liste für beratende Ingenieure. § 13 Nr. 4 Niedersächsisches Ingenieurgesetz bestimme, dass die Eintragung in die Liste der beratenden Ingenieure des Landes Niedersachsen voraussetze, dass der Antragsteller unabhängig und eigenverantwortlich tätig sei. "Unabhängig und eigenverantwortlich" tätig sei nach § 14 Abs. 2 NInGG nur, wer die Berufsaufgaben

- freiberuflich oder sonst selbstständig und auf eigene Rechnung,
- als geschäftsführender Gesellschafter, Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied eines Zusammenschlusses beratender Ingenieure ..... oder
- als Angestellter, der überwiegend selbstständig arbeitet und dabei nur Weisungen der in Nr. 1 und Nr. 2 genannten Personen unterliegt,

wahrnimmt.

Dies sei bei dem Antragsteller nicht der Fall. Seine Auslegung der Vorschriften, ein beratender Ingenieur könne durchaus mehrere, auch ingenieurbezogene Tätigkeiten, unter anderem etwa als weisungsgebundener Angestellter, nebeneinander ausüben, wenn er nur darauf achte, seine unterschiedlichen Beschäftigungen organisatorisch zu trennen und die Bezeichnung "beratender Ingenieur" nur bei der Tätigkeit als Selbstständiger zu verwenden, sei nicht richtig. Durch den besonderen gesetzlichen Schutz der Berufsbezeichnung "beratender Ingenieur" solle gerade die sachliche und persönliche Unabhängigkeit, nicht aber eine herausgehobene berufliche Qualifikation des so gekennzeichneten Berufsträgers im Verhältnis zu sonstigen Ingenieuren hervorgehoben werden. Ein Ingenieur gewinne seine Unabhängigkeit nicht allein durch eine organisatorische Trennung verschiedener beruflicher Tätigkeiten, sondern dadurch, dass er (jedenfalls) ingenieurbezogene Tätigkeiten ausschließlich als Selbstständiger oder in einem der anderen in § 14 Abs. 2 gleichgestellten Beschäftigungsverhältnisse wahrnehmen. Berufliche bzw. gewinnorientierte Nebentätigkeiten seien nur zulässig, wenn sie weder sachlich noch zeitlich die eigentlichen Berufsaufgaben eines "beratenden Ingenieurs" behinderten.
Hinweis
Auch nach anderen landesrechtlichen Ingenieurgesetzen müssen die vorgenannten Formen der Berufsausübung zur Wahrung der "Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit" grundsätzlich im Mittelpunkt der Tätigkeit stehen. Daher dürfte die Entscheidung auch auf die meisten anderen Bundesländer übertragbar sein.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck