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Vertraulichkeitsvermerk: Wie kann der Architekt akquisitorisch erbrachte Leistung vor unbefugter Verwendung schützen?

Architekten erbringen oftmals akquisitorische Planungsleistungen. Werden diese durch den potenziellen Auftraggeber oder durch Dritte unbefugt verwertet, so stellt sich – insbesondere wenn die Leistungen nicht urheberrechtsschutzfähig sind - die Frage nach möglichen Schutzrechten für den Architekten.
Hintergrund
Insbesondere wenn der Architekt im außervertraglichem Bereich – akquisitorisch – Leistungen erbringt, stellt sich die Frage, wie solche Leistungen vor unbefugter Verwendung geschützt werden können.

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass von Architekten erbrachten Leistungen in den Schutzbereich besonderer Gesetze fallen können. Eine „Erfindung“ technischer Art mag dem Gebrauchsmusterrecht oder sogar dem Patentrecht unterliegen und einen entsprechenden Schutz genießen. Insbesondere im Bereich des Designs kommt ein Schutz durch das Geschmacksmusterrecht (Designrecht) aber auch durch das Markengesetz in Betracht (vgl. hierzu Sonderthemen / Architekt Urheber Designer). Für künstlerisch hochstehende Planungs- oder sonstige Werke des Architekten kann im Einzelfall der Urheberrechtsschutz gem. Urhebergesetz eingreifen (vgl. hierzu unter Urheberrecht / .....). Alle diese Schutzrechte gewähren dem Architekten i.d.R. Unterlassungsansprüche (die auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden können) sowie Schadensersatzansprüche.

Kritisch wird die Frage nach der Schutzfähigkeit einer Architektenleistung aber insbesondere dann, wenn die Leistungen keinem der vorgenannten Schutzrechte unterfallen, insbesondere nicht dem Urheberrecht.
Hinweis
1.
Liegt eine Schutz aufgrund vorgenannter Schutzrechte nicht vor, so sollte der Architekt prüfen, ob nicht – gerade durch die unbefugte Verwertungshandlung – vertragliche Beziehungen zwischen ihm und dem unbefugten Verwender entstanden sind.

Die Rechtsprechung geht jedenfalls bei akquisitorisch gegenüber einem potentiellem Auftraggeber erbrachten Leistungen i.d.R. davon aus, dass spätestens dann, wenn der potentielle Auftraggeber die Leistungen verwertet, ein Vertrag zwischen Architekt und Auftraggeber zu Stande kommt (vgl. z.B. unter Vertrag / ..... / Verwertung einer Bauvoranfrage). Das OLG Celle hat in seinem Urteil vom 09.11.2000 ausdrücklich entschieden:

„Die Möglichkeit der Entstehung vertraglicher Ansprüche auf Architektenhonorar ist grundsätzlich anerkannt, wenn im Akquisitionsstadium gefertigte Pläne des Architekten (...) vom Bauherrn bzw. einem Konkurrenzunternehmen abgekupfert und/oder zum Bau verwendet werden“.

In einem besonderen Fall hat der BGH ein vertragliches Verhältnis sogar zwischen dem Planer und einem Dritten angenommen. In diesem Fall hatte eine Stadt eine Baufirma mit der Erstellung einer Holzdachkonstruktion für ein neues Hallenschwimmbad beauftragt. In dem Vertrag war die Geltung der VOB/B vereinbart worden. Nach dem Inhalt des Vertrages war die Baufirma u.a. verpflichtet, die für die Holzverbindungen notwendigen statischen Unterlagen zu beschaffen. Die Baufirma beauftragte darauf hin einen Statiker, der die erforderlichen Berechnungen und Zeichnungen erstellte. Die Zeichnungen trugen sichtbar den Aufdruck:

„Für diese Zeichnung behalten wir uns alle Urheberrechte vor. Sie bleibt unser geistiges Eigentum und darf ohne unsere ausdrückliche vorherige Genehmigung weder vervielfältigt noch Dritten zugänglich gemacht werden“.

Die Baufirma überließ im Rahmen ihrer Vertragserfüllung der Stadt die Zeichnungen. Die Stadt verwendete die Zeichnungen später im Rahmen der Ausschreibung für ein weiteres Hallenbad. Daraufhin wurde die Stadt durch den Statiker auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Der BGH nahm hier einen (sogenannten) Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter an: Der VOB/B-Vertrag zwischen der Stadt und der Baufirma habe gem. § 3 Nr. 6 VOB/B zum Inhalt gehabt, dass es der Stadt untersagt gewesen sei, empfangene Zeichnungen zu vervielfältigen oder an Dritte weiter zu geben. Der Schutzbereich dieser Vorschrift, der zunächst nur die Baufirma selber erfasst, sei hier auf die Statiker – auch unter Berücksichtigung des ausdrücklichen Verwendungsvorbehalts (Vertraulichkeitsvermerks) auf den Zeichnungen – auszudehnen. Überlasse ein Auftragnehmer in Erfüllung eines der VOB/B unterstehenden Auftrages dem Bauherrn die Bauzeichnungen eines Unterbeauftragten, die mit dessen Verwendungsvorbehalt versehen seien, so könne damit zu Gunsten des Unterbeauftragten vereinbart sein, dass diese Zeichnungen nicht anderweitig verwendet werden dürfen (BGH, Urteil vom 02.05.1985 – I ZR 47/83; BauR 1985, 571; BauR 2001, 1135).

Natürlich kann man den vom BGH entschiedenen Fall als Sonderfall betrachten; gleichwohl enthält er Elemente, die nach Ansicht des Verfassers durchaus auch auf ähnliche Konstellationen anwendbar sein könnten.

Soweit vertragliche Verhältnisse zwischen dem Architekten und dem unbefugten Verwender anzunehmen sind, können dem Architekten hieraus sowohl Vergütungs- als auch Schadensersatzansprüche sowie Unterlassungsansprüche zustehen.

2.
Neben Ansprüchen aus vertraglichen Verhältnissen können dem Architekten insbesondere auch Ansprüche aus dem UWG, dort insbesondere aus § 1, § 18, § 19 zustehen.

§ 1 UWG:
Wer im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

§ 18 UWG:
Mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die ihm im geschäftlichen Verkehr anvertrauten Vorlagen oder Vorschriften technischer Art insbesondere Zeichnungen, Modelle, Schablonen, Schnitte, Rezepte, zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz unbefugt verwertet oder an jemand mitteilt.

§ 19 UWG:
Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§ 17, 18 verpflichten außerdem zum Ersatz des entstandenen Schadens. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

Die Anwendungen der Vorschriften des UWG auf die unbefugte Verwertung von Architektenleistungen ist bisher richterlich kaum geklärt. In der – spärlichen – Literatur wird einer Anwendung grundsätzlich zugestimmt.

In dem oben beschriebenen, durch den BGH mit Urteil vom 02.05.1985 entschiedenen Fall hatte die Vorinstanz – das OLG Düsseldorf – Ansprüche des Statikers gegen die Stadt aus § 18, § 19 UWG auf Schadensersatz angenommen. Auch das OLG Düsseldorf stellte dabei sowohl auf § 3 Nr. 6 VOB/B als auch auf den aufgedruckten Verwendungsvorbehalt ab. Der BGH ließ die Frage, ob § 18, § 19 UWG anwendbar seien, dahingestellt, da er Ansprüche bereits aus dem – oben beschriebenen – vertraglichen Verhältnis bejahte.

Auch das OLG Karlsruhe (WRP 1986, 623) hat Schadensersatzansprüche eines auch planenden Bauunternehmens gegen einen unbefugten Verwender der Pläne auf § 1 UWG gestützt. In diesem Fall hatte ein Bauunternehmen für einen privaten Hausbauer Baupläne bis zur Entwurfsreife erstellt. Der Bauherr übergab die Entwurfsplanung einem Konkurrenten, welcher daraufhin seinerzeit ein billigeres Angebot zur Erstellung des Hauses unterbreiten konnte. Auch in diesem Fall waren die vom Bauunternehmer übergebenen Pläne mit einem Verwendungsvorbehalt bzw. mit einem Vertraulichkeitsvermerk versehen gewesen.

Ein Fall, in welchem Architektenplänen der Schutz vor unbefugter Verwertung gem. UWG auch ohne Vorliegen eines Verwendungsvorbehalts (Vertraulichkeitsvermerks) auf den Plänen zuerkannt wurde, ist dem Verfasser nicht bekannt. Allerdings stellte das OLG Celle in seinem Urteil vom 09.11.2000 (bereits oben erwähnt) für den Fall einer unbefugten Verwertung von im Akquisitionsstadium gefertigten Plänen (ohne Verwendungsvorbehalt) fest, dass Schadensersatzansprüche aus dem UWG jedenfalls „nahe liegen“.

Nach Ansicht des Unterzeichners, sind die §§ 1, 18, 19 UWG auf Architektenpläne i.d.R. auch dann anwendbar, wenn diese Pläne einen Verwendungsvorbehalt nicht ausdrücklich tragen. Dies gilt jedenfalls für Pläne, die im Rahmen einer akquisitorischen Tätigkeit des Architekten dem potentiellen Bauherrn übergeben wurden. Denn der Architekt übergibt solche Pläne immer im Vertrauen darauf, dass sie vom potentiellen Bauherrn lediglich in seinem Sinne verwandt werden. Damit liegt aber ein „Anvertrauen“ auch i.S.d. § 18 UWG vor.

3.
Wie aus obigen Fällen ersichtlich, kann elementar für den Architekten, der den Schutz seiner Planungsleistungen – auch für den Fall fehlender Urheberrechtsfähigkeit – gewährleisten will, sein, den vorgenannten Verwendungsvorbehalt/Vertraulichkeitsvermerk auf seinen Planunterlagen anzubringen. Ein solcher Verwendungsvorbehalt kann beispielsweise lauten:

„Die Pläne bzw. deren Inhalt bleiben geistiges Eigentum des Planerstellers und dürfen nur absprachegemäß und im Sinne des Planerstellers verwendet werden; insbesondere dürfen die Planunterlagen ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Planerstellers nicht vervielfältigt oder Dritten zugänglich gemacht werden.“

Die Verwendung einer entsprechend angepassten Formulierung im Architektenvertrag ist ebenfalls zu empfehlen (die im Entwurf befindliche Überarbeitung des Musterarchitektenvertrages enthält eine solche Klausel).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck